01
Jun 2009

VG Düsseldorf bestätigt das Verbot des Glücksspiels im Internet vorläufig

Wie einer aktuellen Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts (VG) Düsseldorf vom 19.05.2009 (Az.: 27 L 1607/08 u.a.) zu entnehmen ist, hat das Gericht mit Beschlüssen vom 18. Mai 2009 in mehreren Entscheidungen das von der Bezirksregierung Düsseldorf verfügte Verbot des Glücksspiels im Internet in NRW vorläufig bestätigt.

In der Pressemitteilung heißt es wörtlich:

„Mit den Entscheidungen wies das Gericht die Anträge verschiedener Anbieter von Glücksspielen im Internet (z. B. Sportwetten, Poker) zurück, die darauf zielten, uneingeschränkt Glücksspiel im Internet veranstalten zu dürfen. Zeitgleich bestätigte die Kammer in weiteren Eilentscheidungen auch das behördliche Verbot der Glücksspielwerbung im Internet. Nach gerichtlicher Einschätzung dürfte das Verbot der Veranstaltung und Vermittlung von Glücksspielen im Internet sowohl verfassungs- als auch europarechtlich unbedenklich sein.“

Zur Umsetzung des Glücksspielstaatsvertrages darf die für NRW zuständige Bezirksregierung Düsseldorf nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf gegen Veranstalter von unerlaubtem Glücksspiel im Internet auch mit Sitz im Ausland vorgehen und die Vermittlung an Spieler mit Aufenthalt in NRW untersagen. Denn auch ausländische Unternehmen, die zielgerichtet u. a. auf dem deutschen Markt im Internet Glücksspiele anbieten, haben das deutsche Recht zu beachten.

Um dem Werbeverbot im Internet für das Gebiet von NRW nachzukommen, dürfte von dem Werbenden gefordert werden können, die Werbung für unerlaubte Glücksspiele im gesamten Bundesgebiet einzustellen. Denn Werbung im Internet ist in allen Bundesländern verboten.

Beanstandet hat das Gericht dagegen eine Anordnung der Bezirksregierung Düsseldorf, die darauf gerichtet ist, die Domain eines Glücksspielveranstalters vom weltweiten Internet zu trennen. Denn hiermit überschreitet die Behörde ihre auf NRW beschränkte Kompetenz.“

(Quelle: Pressemitteilung des VG Düsseldorf vom 19.05.2009)

Bewertung:

Obwohl die Entscheidungsgründe der Beschlüsse des VG Düsseldorf noch nicht vorliegen, kann bereits der Pressemitteilung ein herber Rückschlag der privaten Glücksspielunternehmer im Kampf gegen das seit dem 01.01.2008 in Kraft getreten staatliche Glücksspielmonopol und seine Umsetzung im Glückspielstaatsvertrag (GlüStV) entnommen werden. Das VG geht in seinen Beschlüssen erstaunlich weit und lässt dabei offenbar wichtige gegen den GlüStV vorgebrachte Argumente unbeachtet.

Das Verbot der Internetvermittlung stellt sich in seiner Qualität im Hinblick auf das Grundrecht der Klägerin aus Art. 12 Abs. 1 GG zudem ebenfalls als eine objektive Berufswahlbeschränkung dar.

In den Erläuterungen zum Glücksspielstaatsvertrag heißt es, hiermit werde eine wesentliche Forderung erfüllt, die das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 28. März 2006 aufgestellt habe. Insbesondere vor dem Hintergrund der rechtlich gebotenen Ausrichtung des Wettangebotes am Ziel der Bekämpfung der Wettsucht habe das Bundesverfassungsgericht die Möglichkeit der Wettteilnahme über das Internet als bedenklich angesehen, zumal gerade dieser Vertriebsweg keine effektive Kontrolle des Jugendschutzes gewährleiste. Die Anonymität des Spielenden und das Fehlen jeglicher sozialen Kontrolle ließen es unter dem Aspekt der Vermeidung von Glücksspielsucht als notwendig erscheinen, den Vertriebsweg "Internet" über den Sportwettenbereich hinaus in Frage zu stellen.

Zur Sicherstellung der Ziele des § 1 GlüStV sei es daher geboten, dem Glücksspielbereich den Vertriebsweg "Internet" grundsätzlich zu untersagen. Damit werde zudem eine Forderung der Suchtexperten erfüllt, die ein konsequentes Verbot von Internetwetten und Online-Glücksspielen verlangt haben. Zu den insoweit offenbar in Bezug genommenen Quellen kann auf den Anhang zu den Erläuterungen zum GIücksspielstaatsvertrag unter dem Stichwort "Internetglücksspiel" verwiesen werden, in dem ein Verbot von Internetwetten und Online-Glücksspielen befürwortet wird (allerdings mit der Begründung, grenzüberschreitende Online-Angebote seien nicht effektiv zu kontrollieren) und ein staatlich konzessioniertes Online-Glücksspielangebot mit hohen Zugangsbarrieren, niedrigen Limits, nur einem Konto und maximal einer Kreditkarte je Spieler gleichfalls für einen möglichen Weg gehalten wird.

Die Bundesregierung weist in ihrer Stellungnahme an die Europäische Kommission vom 20. Mai 2008 (dort S. 12, Rdnr. 46) darauf hin, dass die fachlichen Stellungnahmen zum Verbot des Glücksspiels im Internet in einem wesentlichen Punkt übereinstimmten: „Aufgrund von strukturellen Merkmalen wie der leichten Verfügbarkeit, der hohen Ereignisfrequenz und der Möglichkeit einer anonymen Spielteilnahme bergen Glücksspielangebote im Internet ein besonderes Gefährdungspotential". Neben der zeitlich unbeschränkten Verfügbarkeit ist hinsichtlich einer Vermittlung im Internet auch aufzuführen, dass im Vergleich zur Abgabe eines Lottoscheins in der Annahmestelle ein höherer Abstraktionsgrad erreicht wird, der geeignet ist, das virtuelle Glücksspiel in der Wahrnehmung des Spielers aus seinem Bedeutungszusammenhang herauszulösen und insbesondere die Tatsache des Einsatzes in den Hintergrund treten zu lassen.

Diese Argumentation reicht zur Begründung einer Angemessenheit der Regelung nicht aus. Der virtuelle Einsatz von Geld ist im täglichen Leben bereits fest verankert, denn um einen solchen handelt es sich bei jeder Zahlung mit einer Kreditkarte, die in der Bundesrepublik Deutschland in höchstem Maße verbreitet sind und mit deren Umgang eine alltägliche Vertrautheit besteht. Hinzu tritt, dass für die Vermittlung von Lotto 6 aus 49 eine hohe Ereignisfrequenz in keiner Weise erkennbar ist und auch vom Gesetzgeber ausweislich der §§ 22 Abs. 2 Satz 1, 25 Abs. 6 Nr. 3, 2. Halbsatz GlüStV nicht angenommen wird. Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Anonymität der Spielteilnahme auch im terrestrischen Verkehr über die Annahmestellen weder durch den Gesetzgeber (vgl. die ausdrückliche Einschränkung auf Lotterien mit hohem Gefährdungspotential in § 22 Abs. 2 GlüStV) noch in der tatsächlichen Ausformung aufgehoben wird.

Auch die Auffassung des VG zur Reichweite des Internetvermittlungs- und Werbeverbotes überzeugen nicht.

Die internationale Tatortzuständigkeit deutscher Gerichte muss restriktiv gehandhabt werden. Der EuGH betont immer wieder, dass die besonderen Gerichtsstände nicht ausufern dürfen und dass der allgemeine Gerichtsstand nach Art. 2 Abs. 1 EuGVO seine Bedeutung als zentraler Gerichtsstand behalten soll.  An den geforderten Inlandsbezug sind daher erhöhte Anforderungen zu stellen. Im Einklang mit den durch die WIPO bereits 2002 festgeschriebenen Grundsätzen kann ein solcher nur dann angenommen werden, wenn die Benutzung des Zeichens eine tatsächliche oder eine zu befürchtende kommerzielle Auswirkung im Inland hat. Denn wäre Internetnutzung der nationalen Rechtsordnung unterworfen, so würde dies zu einer uferlosen Ausdehnung des Schutzes nationaler Rechtsbestimmungen und - im Widerspruch zur Dienstleistungsfreiheit nach Art. 49 EG - zu einer unangemessenen Beschränkung der Selbstdarstellung ausländischer Unternehmen führen. Um die damit einhergehenden erheblichen Beschränkungen der Nutzungsmöglichkeiten des Internets zu vermeiden, ist hier eine restriktive Anwendung des deutschen Sachrechts geboten.

Dr. Robert Kazemi

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