Verwendung fremder Produktbilder bei eBay –geringer Schadenersatz, begrenze Abmahngebühren (auch für Altfälle?), aber rechtswidrig
In einem kürzlich ergangenen Urteil hatte das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg über die Zulässigkeit der Verwendung fremder Produktbilder im Rahmen von eBay-Versteigerungen zu entscheiden (Oberlandesgericht Brandenburg, Urteil v. 03.02.2009 - Az.: 6 U 58/08):
In dem streitgegenständlichen Fall hatte ein „Privat-Verkäufer“ einen gebrauchten GPS-Empfänger über die Internetplattform eBay versteigert und hierfür einen Preis von 72,00 € erzielt. Seine Versteigerung hat der Verkäufer – wie oft zu sehen – mit einem Bild des zu verkaufenden Gerätes angereichert. Das Bild hatte der Verkäufer jedoch nicht selbst angefertigt, sondern einer fremden Internetseite entnommen. Der Betreiber der Internetseite, zugleich Urheber des entnommen Bildes, war hiermit gar nicht einverstanden und lies den „eBayer“ durch seinen Rechtsanwalt abmahnen. Dieser forderte eine nicht unerhebliche Lizenzgebühr und Erstattung der seinem Mandanten für sein Tätig werden entstandenen Rechtsanwaltskosten („Abmahngebühren“).
Im Kern, zu Recht, urteilte nun das OLG, es reduzierte jedoch den Schadensersatz des Urhebers erheblich und sah auch die Abmahnkosten nur in Höhe von 100,00 € gerechtfertigt.
Die Entscheidung überzeugt nicht in allen Punkten:
Tragen Sie hier Inhalte ein, die erst bei Klick auf "Mehr..." Richtig ist, dass die brandenburgerischen Richter im Hinblick auf das Vorliegen einer Urheberrechtsverletzung eine Unterscheidung zwischen privatem und gewerblichem Verkäufer nicht für geboten erachten. Dies ist folgerichtig: Bei der übernommenen Fotografie handelt es sich um ein Lichtbildwerk im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 UrhG. Durch seine Übernahme in das Internetangebot hat der „eBayer“ eine Vervielfältigung- und Verbreitungshandlung im Sinne der §§ 15 – 17 UrhG vorgenommen und dadurch die dem Fotografen zustehenden Nutzungsrechte verletzt. Zwar kennt das UrhG eine Privilegierung des Privatgebrauchs, doch kann bei einer Internetveröffentlichung im Rahmen eines eBay-Verkaufs hiervon nicht mehr ausgegangen werden. Privater Gebrauch ist nämlich nur dann gegeben, wenn die Vervielfältigung ausschließlich zum Gebrauch in der Privatsphäre zur Befriedigung rein persönlicher Bedürfnisse außerberuflicher sowie außerwirtschaftlicher Art dienen soll (BGH GRUR 1978, 474 – Vervielfältigungsstücke). Dies aber ist – der eBay-Nutzer will ja schließlich Verkaufen und verfolgt damit einen wirtschaftlichen Zweck – bei einem, wenn auch privaten, eBay-Verkauf nicht anzunehmen.
Folgerichtig scheint aus hiesiger Sicht auch die Beschränkung/Berechnung des dem Urheber zustehenden Schadensersatzes. Der Ersatz des konkreten Schadens bestimmt sich grundsätzlich nach den §§ 249 ff. BGB und den allgemeinen hierzu geltenden Grundsätzen. Er umfasst damit zunächst nur den Unterschied zu der Vermögenslage, die ohne das schädigende Ereignis vorhanden wäre (OLG Hamburg UFITA 65 (1972) 284, 286; OLG Hamburg GRUR Int. 1978, 140 – membran; BGH WRP 1982, 85, 86 – Architektenwerbung; allg. BGH NJW 1985, 793; Palandt/Heinrichs § 249 BGB Rdnr. 1). Für die Berechnung des Schadensersatzanspruches werden drei Berechnungsmethoden favorisiert unter denen der Verletzte (Urheber) wählen kann:
- Ersatz des tatsächlich eingetretenen Schadens + entgangenem Gewinn
- Berechnung einer fiktiven Lizenzgebühr (sog. „Lizenzanalogie“) oder
- Herausgabe des Gewinns des Verletzenden
Der Anspruchssteller im Verfahren vor dem OLG Brandenburg hat sich – wie im Übrigen die meisten Urheber – für die Schadensberechnung anhand der fiktiven Lizenzgebühr entschieden. Die Höhe muss dabei „angemessen“ sein. Dies ist der Fall, wenn „bei vertraglicher Einräumung ein vernünftiger Lizenzgeber [diese Gebühr] gefordert und ein vernünftiger Lizenznehmer [diese] gewährt hätte“ (OLG Brandenburg, Rz. 35; siehe auch BGHZ 44, 372, 380 ff. -Meßmer Tee II; BGH GRUR 1975, 323, 324 – Geflügelte Melodien; BGHZ 119, 20, 26 ff. -Tchibo/Rolex II; BGH GRUR 1990, 1008, 1009 – Lizenzanalogie; 1991, 914, 916 – Kastanienmuster; 1992, 432 – Steuereinrichtung I; 1995, 578, 579 – Steuereinrichtung II).
Als Maßstab für diese vernünftige Lizenz wird oft die sog. branchenübliche Vergütung herangezogen, sofern sich in dem entsprechenden Zeitraum eine solche Übung herausgebildet hat (BGH GRUR 1987, 36 – Liedtextwiedergabe II, LG Hagen NJW-RR 1996, 812). Insbesondere Richtlinien von Verbänden, Vereinen, Interessengemeinschaften usw. liefern hier oftmals Anhaltspunkte.
Bei Fotos kann der Ausgangspunkt für die Berechnung beispielsweise die Bewertung der Mittelstandsgemeinschaft Fotomarketing sein. Diese Richtline trifft aber nur Vorgaben im Hinblick auf die Verwendung von Bildern für gewerbliche und redaktionelle Zwecke. Diesem Umstand trägt der Senat dadurch Rechnung, dass er die für die gewerbliche Nutzung zu zahlende Lizenzgebühr angemessen reduziert. Das Gericht trägt so dem Umstand Rechnung, dass der Beklagte das Foto lediglich ein paar Tage und nicht-gewerblich nutzte. Im Ergebnis reduziert das OLG den Betrag auf ca. ein Fünftel des in der Richtlinie ausgewiesenen Lizenzbetrages.
Wenn die Nutzung nicht nur ohne Zustimmung des Urhebers, sondern auch ohne Verweis auf dessen Urheberschaft erfolgt, geht die Rechtsprechung davon aus, dass dieser Schadensersatzanspruch um einen Verletzerzuschlag von bis zu 100 % zu erhöhen ist. Dies trägt der mit der anonymen Verwendung einhergehenden Verletzung des § 13 UrhG Rechnung. In diesem Sinne verdoppelt auch das OLG den dem Urheber zustehenden Schadensersatz und billigt insgesamt eine Summe von 40,00 € zu.
Nicht überzeugend hingegen ist die Ansicht des Senates in Bezug auf die Begrenzung der Abmahngebühr auf 100,00 €. Diese Deckelung resultiert aus dem neu in das UrhG aufgenommenen § 97a Abs.2, wonach der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen für die Inanspruchnahme anwaltlicher Dienstleistungen für die erstmalige Abmahnung einer unerheblichen Rechtsverletzung außerhalb des geschäftlichen Verkehrs auf 100 Euro begrenzt sein kann. Im Einzelnen müssen hierfür folgende Voraussetzungen vorliegen:
- erstmalige Abmahnung = keine identischen oder „in ihrem Kern gleich gelagerten Verletzungshandlungen im Verhältnis zum Kläger“
- einfache Lagerung des Falles = Eindeutigkeit der Rechtsverletzung (auch für juristisch nicht Geschulte)
- nur unerhebliche Rechtsverletzung = nach Art und Ausmaß geringfügiger Eingriff in die Rechte des Klägers= außerhalb des geschäftlichen Verkehrs = reiner Privatbereich
Diese Voraussetzungen waren in vorliegendem Fall zwar gegeben, da es sich bei dem eBay-Verkäufer um einen Privatmann handelte, der, wenn auch mit wirtschaftlichen Bezug, zu privaten Zwecken handelte. Anders wäre die Sachlage sicherlich zu beurteilen gewesen, wenn hier ein PowerSeller oder ein sonstiger Unternehmer (§ 14 BGB) tätig geworden wäre. Woran die Entscheidung aber dennoch krankt ist Folgendes:
Die durch das OLG Brandenburg zur Begrenzung der Abmahnkosten herangezogene Norm des § 97a Abs. 2 UrhG wurde erst im Juli 2008 durch das Gesetz zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums (BGBl. I S. 1191) in das UrhG eingefügt. Da keine Übergangsfristen normiert wurden, kann die Regelung damit auch erst ab diesem Zeitpunkt Geltung beanspruchen. Die hier streitgegenständliche Abmahnung hingegen war bereits am 21.11.2007 und damit weit vor in Kraft treten des § 97a Abs. 2 UrhG ausgesprochen worden. Zu diesem Zeitpunkt aber konnte der Urheber darauf vertrauen, dass – im Fall der berechtigten Abmahnung, gleich ob gegenüber einer Privatperson oder einem Unternehmer – auf Basis eines angemessenen Gegenstandswertes vom Schädiger auszugleichen waren. Warum der Kläger hier – nur weil sich das Verfahren über die Gesetzesänderung hinaus hingezogen hat – also einen begrenzten Kostenerstattungsanspruch hat, erschließt sich nicht. Ein paar klärende Worte des Senates hätten hier sicherlich gut getan.
Dr. Robert Kazemi