05
Jul 2009

US-Supreme Court: Online-TV Recorder nicht urheberrechtswidrig

Erst kürzlich berichteten wir über die Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) in Sachen Online-TV-Recorder. Der BGH hatte mit Urteil vom 22. April 2009 festgestellt, in dem kostenpflichtigen Angebot eines persönlichen Online-TV-Recorders sei eine Verletzung des Urheberrechts der Sendeanstalten, deren Sendungen so aufgezeichnet werden, zu sehen.

Vollkommen entgegengesetzt wertet nunmehr offensichtlich der Oberste Gerichtshof der USA (US-Supreme Court) die Rechtslage.

Hatte der US-amerikanische Kabelfernsehanbieter Cablevision einen Rechtsstreit mit Filmstudios und Fernsehanstalten um einen geplanten zentralen Online-Aufzeichnungsdienst noch vor dem Southern District Court of New York verloren (Case 1:06-cv-03990-DC v. 22.3.2007, abrufbar unter: http://www.nylawyer.com/adgifs/decisions/032607 chin.pdf), weil das erkennende Gericht - vergleichbar dem BGH - in dem Online-Aufzeichnungsdienst gleich zwei getrennt zu behandelnde Verstöße gegen das in §§ 101 und 106 des Copyright Act of 1976 normierte Recht des Urhebers zur alleinigen Vervielfältigung und Ausstrahlung seiner urheberrechtlich geschützten Werke (a.a.O., S. 20) sah, war Cablevision bereits vor dem U.S. Court of Appeals in New York erfolgreich. Dieses Berufungsgericht sah in dem geplanten Online-TV-Recorder "nicht direkt die exklusiven Rechte der Kläger zur Reproduzierung und öffentlichen Darbietung ihrer Copyright-geschützten Werke verletzt ".

Die gegen dieses Urteil seitens der Filmstudios eingelegte Revision wies der US-Supreme Court nunmehr ohne jegliche Begründung zurück. Der Supreme Court macht damit in den USA den Weg frei, den der BGH für Deutschland gerade erst geschlossen hatte. Es ist davon auszugehen, dass sich Betreiber von Online-TV-Recordern nunmehr auf den US-Markt zurückziehen und ihr Angebot von dort aus auch deutschen Kunden öffnen werden.

Dr. Robert Kazemi

Hintergründe:

Wie auch der BGH hatte der District Court of New York angenommen, dass sowohl die permanente Speicherung der durch den Kunden ausgewählten Programme auf den Festplatten der Cablevision (a.a.O., S. 20 ff.) als auch die kurzzeitige Festlegung von Teilen ausgestrahlter Sendungen im Arbeitsspeicher der Cablevision (a.a.O., S. 29 ff.) unzulässige Vervielfältigungen der geschützten Werke der Filmstudios darstellen. Es sei davon auszugehen, dass der Betreiber des Online-Aufzeichnungsdienstes der Hersteller dieser unzulässigen Kopien sei. Wie auch die deutschen Gerichte in Bezug auf § 53 Abs. 1 Satz 1 UrhG lehnt es das Gericht ab, die Kunden des Dienstes selbst als Hersteller einzustufen (a.a.O., S. 22).

Eine Berufung auf die dem § 53 Abs. 1 Satz 2 UrhG vergleichbare „Fair use-Regel" des § 107 Copyright Act 1976 („privilege in others than the owner of a copyright to use the copyrighted material in a reasonable manner, without his consent, notwithstanding the monopoly granted to the owner of the copyright. Fair use is technically an infringement of copyright, but it is allowed by law on the ground that it is reasonable and customary"), schied nach Ansicht des Erstgerichts noch aus. Maßgebend für die Beurteilung sei nicht, wer bei formal begrifflicher Betrachtung die Herrschaft über den Herstellungsvorgang ausübt. Es komme nicht auf den eher zufälligen Umstand an, wer „auf den Knopf drückt", um den Herstellungsvorgang einzuleiten. Maßgebend sei vielmehr, dass der Kunde des Online-Aufzeichnungsdienstes die Vervielfältigungen zum Zwecke des privaten Gebrauchs hier nicht selbstständig und ohne Einschaltung eines Dritten herstellen könne, wie dies bei der Aufzeichnung von Fernsehsendungen durch einen häuslichen Videorecorder der Fall sei (a.a.O., S. 25 f.)

Nunmehr steht fest, dass das Angebot von Online-TV-Recordern keinen Verstoß gegen das dem Urheber zustehende Recht der öffentlichen Zugänglichmachung („unauthorized transmission") i.S.d. § 101 Copyright Act 1976 darstellt. Die nach Speicherung der ausgewählten Sendung(en) auf den Servern des Online-Aufzeichnungsdienstes notwendige Übermittlung an den Kunden via Internet stellt keine durch den Betreiber vorgenommene Ausstrahlung der jeweiligen Sendung dar. Insoweit sind Online-TV-Recorder in den USA damit (wohl) als bloß passive Wiedergabegeräte (ähnlich den Videorecordern) einzustufen.

Dr. Robert Kazemi

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