04
Feb 2013

SG Karlsruhe: Das Literaturstudium eines gerichtlich bestellten medizinischen Sachverständigen ist grundsätzlich nicht erstattungsfähig

Bereits am 03.02.2013 hatten wir über ein Urteil betreffend eines gerichtlich bestellten Sachverständigen im Zusammenhang mit der Neutralitätspflicht berichtet und auf Probleme im Hinblick auf die Sachverständigenvergütung hingewiesen. Ein aktueller Beschluss des Sozialgerichts (SG) Karlsruhe vom 21.01.2013 (SG Karlsruhe, Beschluss vom 21.01.2013, S 1 KO 267/13) gibt Anlass zu einer weiteren Kurzbesprechung. Wieder geht es um einen medizinischen Sachverständigen, wieder spielen Vergütungsfragen eine Rolle.

Hintergrund:

Der (mediznische) gerichtliche Sachverständige erhält für seine Tätigkeit eine Vergütung, deren Höhe und Berechnung sich nach dem Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) richtet. Das JVEG unterscheidet dabei im Wesentlichen 13 Honorargruppen, von denen sich die Gruppen M1 bis M3 auf die Tätigkeit medizinischer und psychologischer Gutachter beziehen, die je nach Aufwand und Schwierigkeitsgrad zwischen 50,00 € (M1) und 85,00 € (M3) pro Stunde berechnen können. Die Einordung in die verschiedenen Honorargruppen kann daher erhebliche finanzielle Auswirkungen haben. Ebenso problemträchtig sind Fragen, die sich mit dem angemessenen und damit vergütungsfähigen Umfang der Sachverständigentätigkeit befassen; während das Aktenstudium und die eigentliche Untersuchung des Patienten unzweifelhaft abrechnungsfähig sind, fragt sich, welche weitergehenden Tätigkeiten honorarpflichtig durchgeführt werden können. Nach Ansicht des SG Karlsruhe fallen die Aufwände für ein Literaturstudium jedenfalls grundsätzlich nicht.

Die Entscheidung:

In der Pressemitteilung (http://www.sozialgericht-karlsruhe.de/servlet/PB/menu/1281957/index.html?ROOT=1183846) des Gerichts heißt es:

"Soweit der Sachverständige auch eine Entschädigung seines Zeitaufwands für Literaturstudium und die Zuordnung seines Gutachtens zur Honorargruppe M3 anstelle der Honorargruppe M2 begehrte, blieb seine Erinnerung erfolglos: ein allgemeines Literaturstudium, das lediglich auf den Erwerb des vom Sachverständigen zu erwartenden Kenntnistandes gerichtet sei, sei nach der Rechtsprechung auch des erkennenden Gerichts nicht zu vergüten. Es sei auch weder vorgetragen noch ersichtlich, dass sich der Sachverständige im Rahmen der Beurteilung und Beantwortung der Beweisfragen mit ganz speziellen Fragestellungen auseinander zu setzen gehabt hätte oder zur Erfüllung des Gutachtensauftrags das Lesen von neuer und bislang nicht diskutierter Fachliteratur erforderlich gewesen wäre, was ggf. eine insoweit abweichende Entscheidung hätte rechtfertigen können. Das Gutachten sei zudem nach der Honorargruppe M2 und nicht M3 zu entschädigen. Gutachten mit einer Vergütung nach der Honorargruppe M 2 seien die typischen in der Sozialgerichtsbarkeit eingeholten Gutachten, die durchschnittliche Anforderungen stellten. In diese Gruppe falle daher der Großteil der von den Sozialgerichten eingeholten Gutachten, vor allem sog. „Zustandsgutachten" u.a. im Bereich des Schwerbehindertenrechts. Das hier zu beurteilende Gutachten stelle nach der vom Gericht vorgegebenen Fragestellung sowie seinem Aufbau und Inhalt eine beschreibende Ist-Zustands-Begutachtung nach standardisiertem Schema dar. Spezielle Kausalzusammenhänge habe der Sachverständige nicht zu erörtern gehabt. Zudem sei die Bewertung des GdB durch antizipierte Sachverständigengutachten - hier: die Versorgungsmedizinischen Grundsätze der Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizinverordnung bzw. die zuvor gültig gewesenen Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht - erleichtert gewesen."

Bewertung:

Die Entscheidung verdeutlicht die Anforderungen an die Darlegung der Sachverständigenauwandes sind hoch. Wer hier, neben seiner eigentlichen Begutachtung weitere Aufwände in Rechnung stellen möchte, ist daher gehalten, die Erforderlichkeit selbiger dezidiert und für das Gericht nachvollziebar zu begründen. Fehlt es an einer solchen Darlegung wird sich die Abrechnung auf die eigentliche Sachverständigentätigkeit zu beschränken haben.

Dr. Robert Kazemi

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