19
Okt 2009

SG Gelsenkirchen: Auch Hart-IV-Patienten können privatversichert sein

Auf den ersten Blick klingt es doch etwas verwunderlich, wenn man das Schreckgespenst „Hartz-IV" mit dem Bild des Privatpatienten koppelt. Hartz IV, das bedeutet doch „Leben am Existenzminimum", Ausgaben nur für das Notwendigste, nicht jedoch die „Annehmlichkeiten" der privaten Krankenversicherung.

Wie sich nunmehr herausstellte etwas vorschnell, ging auch eine nordrhein-westfälische Behörde, von diesem „Leitbild" aus. Das SG Gelsenkirchen belehrt die Behörde eines besseren (Urteil vom 2.10.2009 - S 31 AS 174/09 ER): Hartz-IV und privatversichert, das geht!

Die Antragstellerin beantragte am 06.02.2009 bei der Behörde für sich und ihre 3 minderjährigen Kinder Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende (umgangssprachlich: Hartz-IV). Zum Zeitpunkt der Antragstellung war sie bei der D. Krankenversicherung AG privat kranken- und pflegeversichert.

Die Behörde bewilligte Leistungen in Höhe von monatlich 641,09 EUR. Die ebenfalls beantragte Übernahme der vollständigen Kosten der privaten Krankenversicherung für den Basistarif sowie die Kosten der Pflegeversicherung lehnte die Behörde hingegen ab. Nach den gesetzlichen Bestimmungen bestehe für die Übernahme der Kosten für die private Krankenversicherung kein Rechtsanspruch.

Das Gericht sieht dies anders und wies die Behörde an auch diese Kosten zu übernehmen. Privatversicherte seien insoweit mit freiwillig in der gesetzlichen Kasse Versicherten gleichzustellen. Für diese sehe das Gesetz in § 26 Abs. 2 Nr. 2 Halbsatz 1 SGB II für die Dauer des Leistungsbezugs die komplette Beitragsübernahme vor.

Dass der Gesetzgeber die Situation Privatversicherter nicht ausdrücklich geregelt habe, stelle sich als Regelungslücke dar, die zu einer systemwidrigen Belastung privatversicherter Hartz-IV-Empfänger führe. Diese Regelungslücke sei dadurch zu schließen, dass man freiwillig gesetzlich Versicherte und Privatversicherte insoweit gleich behandele und auch deren Beiträge komplett übernehme.

Die Behörde hat Berufung beim Landessozialgericht angekündigt. Es bleibt abzuwarten wie hier entschieden wird.

Dr. Robert Kazemi

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