Online-TV Recorder vor dem endgültigen aus - Bundesgerichtshof bestätigt Urheberrechtsverletzung der Betreiber
Die urheberrechtliche Einordnung sog. „Online TV-Recorder“ stellte die deutschen Gerichte in jüngster Zeit immer wieder vor erhebliche Probleme. Online-TV-Recorder gleichen den klassischen Videorekorder darin, dass sie dazu verwandt werden, Sendungen im Fernsehen aufzuzeichnen. Dies geschieht – anders als in der „klassischen“ Variante – jedoch nicht mehr analog sondern digital und bietet damit ein weitaus größeres Leistungsspektrum. Die zumeist kommerziellen Betreiber dieser „virtuellen Videorecorder“ stellen ihren Kunden Speicherplatz auf verschiedenen Großrechnern zur Verfügung, die ihrerseits mit Hardware zum Empfang von Free-TV-Programmen ausgestattet sind. Nach vorheriger Auswahl durch den Kunden, übernehmen die Betreiber dann die Aufzeichnung der gewählten Sendung und stellen diese dem Kunden sodann – gänzlich unabhängig von der tatsächlichen Ausstrahlzeit – zum Download zur Verfügung. Einige deutsche Sendeanstalten, darunter RTL setzten sich gegen diese Form der Online-Dienstleistung mit einstweiligen Verfügungen und sonstigen Klagen vehement zur Wehr. Sie sehen in diesem Service einen Verstoß gegen das deutsche Urheberrecht. In den bislang bekannt gewordenen Verfahren konnten die Sendeanstalten dabei auf Unterstützung durch die Instanz- und Obergerichte bauen, die in dem Angebot von Online-TV-Recordern ebenfalls Verstöße gegen das Urheberrecht, in der Ausprägung des den Sendeanstalten zustehenden Vervielfältigungsrechts, sehen (vgl. nur: LG Leipzig – Urteil vom 12. Mai 2006 – 5 O 4391/05; OLG Dresden – Urteil vom 28. November 2006 - 14 U 1071/06). Die Begründungen sind im einzelnen unterschiedlich und reichen von der Annahme, es läge eine unzulässige öffentliche Zugänglichmachung (§§ 87 I Nr. l Alt. 2, 15 II Nr. 2, 19 a UrhG) vor (LG Leipzig, a.a.O.) bis hin zur Einstufung des Angebotes als unzulässige Weitersendung i.S.v. § 87 Abs. 1 Ziff. 1 1. Alt. UrhG (LG Köln, Urteil vom 27.4.2005 - 28 O 149/05).
Eine abschließende Entscheidung des BGH lag bislang nicht vor. Seit dem 22. April ist dies anders.
Wie der Bundesgerichtshof (BGH) in einer aktuellen Pressemitteilung (PM Nr. 84/2009) berichtet, hat der für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat nunmehr zu der Frage Stellung bezogen (Urteil vom 22. April 2009 – I ZR 216/06 – Internet-Videorecorder) und sich dem in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung vertretenen Meinungsspektrum angeschlossen. Auch der I. Zivilsenat sieht in dem Angebot eines persönlichen Online-TV-Recorders eine Verletzung des Urheberrechts. Die genauen Entscheidungsgründe sind noch nicht bekannt, es ist aber davon auszugehen, dass derartigen Angeboten mögen sie für den Konsumenten auch noch so vorteilhaft sein, wohl keine große Zukunft attestiert werden kann.
Droht nun auch den Nutzern derartiger Online-Dienste die rechtliche Verfolgung durch die Sendeanstalten?
Noch bis Ende 2007 war es äußerst zweifelhaft, ob der „Download“ urheberrechtlich geschützter Werke als rechtswidrig eingestuft werden musste. Dies war dadurch bedingt, dass das Urheberrecht sog. Privatkopien privilegiert. Nach § 53 UrhG ist es nämlich regelmäßig erlaubt, einzelne Vervielfältigungen eines Werks zum privaten Gebrauch herzustellen. Ein privater Gebrauch ist dabei dann anzunehmen, wenn die Vervielfältigungsstücke ausschließlich zur Befriedigung rein privater Bedürfnisse durch die eigene Person oder die mit ihr durch ein persönliches Band verbundenen Personen erzeugt werden. Dabei dürfen die Werkkopien weder mittelbar noch unmittelbar Erwerbszwecken dienen.
Diese liberale Regelung wurde zu Beginn des Jahres 2008 erheblich und zu Lasten der Privatnutzer verschärft. Die Anfertigung von Privatkopien ist seitdem nur noch dann – ohne Zustimmung des Urhebers – zulässig, wenn zur Vervielfältigung nicht eine offensichtlich rechtswidrig hergestellte oder öffentlich zugänglich gemachte Vorlage verwendet wird (§ 53 Abs. 1 S. 1 a.E. UrhG).
Nach Entscheidung des Bundesgerichtshofes könnte nunmehr angenommen werden, dass es dem Nutzer eines Online-TV-Recorders klar erkennbar sei, dass es sich bei einem durch einen kostenpflichtigen Online-TV-Recorder-Dienst bereit gehaltenen Angebot um ein rechtswidriges handelt, weil der Dienstanbieter selbst gegen die Bestimmungen des Urheberrechtes verstößt. Ein derartiges Verständnis könnte dann straf- wie zivilrechtliche Konsequenzen, insbesondere Schadensersatzansprüche, nach sich ziehen.
Ob es wirklich so weit kommt und wie im Einzelfall zu entscheiden ist, bleit abzuwarten. Vorsicht scheint aber in jedem Fall geboten.
Nutzern, die auf "Nummer sicher" gehen wollen, sei empfohlen, die von vielen Sendeanstalten bereit gehaltenen eigenen Online-Mediatheken zu nutzen. Das Angebot der Online-TV-Recorder hat hier nämlich zu einer für den Verbraucher erfreulichen Angebotsvielfalt (so beispielsweise das Angebot von Pro7 unter http://www.prosieben.de/video/ oder das Angebot des ZDF unter www.zdf.de/ZDFmediathek/startseite) geführt, die unbedenklich genutzt werden kann.
Anzumerken ist noch, dass sich die Entscheidung des BGH ausdrücklich nur auf die "kostenpflichtigen" Angebote von Online-TV-Recordern bezieht und kostenlose Services nicht streitgegenstänlich waren. Hier wird man aber (wohl) von der urheberrechtlichen Zulässigkeit auszugehen haben, so dass auch die Nutzung derartiger Angebote unbedenlich scheint.
Dr. Robert Kazemi