OLG Nürnberg: Die Oberpfälzer Bierkönigin muss nicht abdanken und behält ihren Titel
Bier- und Weinköniginnen gibt es doch eine ganze Menge. Dennoch musste die Oberpfälzer Bierkönigin lange um ihren Titel bangen. Warum? Sie war nicht von einer Vereinigung von Brauereien der Oberpfalz gekürt worden, sondern konnte ihre Ernennung nur auf ein einzelnes Brauereiunternehmen zurückführen. Die Werbung mit dem „Bieradel" empfand eine Konkurrenz-Brauerei als wettbewerbswidrig und forderte Unterlassung, zwar nicht vom Souverän, aber von demjenigen der die Königin ernannt hatte, dem Konkurrenten. Der Bierkönigin drohte so die Abdankung. Diese hat das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg nunmehr verhindert (OLG Nürnberg, Urteil vom 07.06.2011, 3 U 2521/10).
Der Fall:
Die beklagte Brauerei führt jährlich die Wahl einer Oberpfälzer Bierkönigin samt -prinzessinnen durch, so auch im Mai 2010 für das Jahr 2010/2011. Die gewählten Damen werden von der Beklagten eingekleidet und treten mit jeweils aktualisierten Jahreszahlen auf ihren Schärpen auf. Auf ihrer Website präsentierte die Beklagte die für 20101/2011 neu gewählte Königin samt Prinzessinnen zusammen mit ihrem Prokuristen unter der Überschrift "Oberpfälzer Bierkönigin". Darunter heißt es: "B. präsentierte beim Jubiläumsfest ein neues Hoheitstrio". Die Bierkönigin samt -prinzessinnen werden von der Beklagten anderen Brauereien nicht zur Verfügung gestellt.
Die Klägerin ist der Ansicht, die Bezeichnung als "Oberpfälzer Bierkönigin" sei aus mehreren Gründen unlauter. So liege ein Verstoß gegen § 3 Abs. 1 UWG vor, da das Handeln der Klägerin Interessen von Mitbewerbern spürbar beeinträchtige. Der Werbecharakter von geschäftlichen Handlungen werde von der Beklagten verschleiert (§ 4 Nr. 3 UWG). Die Beklagte behindere auch ihre Mitbewerber, weil sie eine freihaltebedürftige Kennzeichnung verwende. Sie führe den Verbraucher irre im Sinne des § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 UWG, da dieser denke, die gewählte Königin samt Prinzessinnen stehe für die gesamten Oberpfälzer Brauereien. Die Beklagte betreibe so auch eine herabsetzende vergleichende Werbung nach § 6 Abs. 2 Nr. 5 UWG gegenüber den restlichen Oberpfälzer Brauereien.
Die Entscheidung:
Nachdem das Landgericht (LG) dem Unterlassungsantrag noch stattgegeben hatte, hob das OLG Nürnberg das Urteil nun auf. Die „Oberpfälzer Bierkönigin" behält Hofstaat, Titel und Amt.
Das von der Beklagten hervorgerufene fehlgeleitete Verbraucherverständnis allein reicht nicht aus, um die angegriffene geschäftliche Handlung der Beklagten unzulässig zu machen, da zusätzlich die hier fehlende Unlauterkeit des angegriffenen Verhaltens erforderlich wäre.
Die Beklagte verwendet nicht ein Gütezeichen oder ein Qualifikationskennzeichen ohne die erforderliche Genehmigung. Das Auftreten der vorgenannten „Hoheiten" wird nämlich vom Verbraucher nicht als Hinweis auf die Qualität der beworbenen Biere verstanden. Darüber hinaus kann auch nicht von einem Genehmigungserfordernis ausgegangen werden.
Aus dem Hervorrufen eines Irrtums kann bei dem angesprochenen Verkehrsverständnis entgegen der Auffassung des Landgerichts auch kein Verstoß gegen § 4 Nr. 3 UWG hergeleitet werden. Nach dieser Bestimmung ist eine geschäftliche Handlung dann unlauter, wenn sie über das Vorliegen einer Werbung täuscht, insbesondere wenn ihr der Anschein von Neutralität und Objektivität gegeben wird. Dies ist bei den von der Klägerin gerügten Verletzungshandlungen jedoch nicht der Fall. Zwar mag der angesprochene Verbraucher glauben, dass Bierkönig und -prinzessinnen von einer neutralen Stelle gekürt worden sind. Dies ändert jedoch nicht daran, dass deren Auftritt bei Veranstaltungen der Beklagten und deren Internetpräsentation durch die Beklagte offensichtlich der Werbung für die Beklagte und ihre Produkte dient.
Im Ergebnis zutreffend hat das Erstgericht einen Verstoß gegen § 4 Nr. 10 UWG verneint. Die Tatsache, dass die mit der Wahl und dem jeweiligen Einsatz der Bierkönigin verbundenen Werbemaßnahmen Erfolg für die Beklagte haben, ist aber nicht unlauter, sondern durch den Grundsatz des freien Wettbewerbs geschützt und als marktkonformes Verhalten anzusehen. Die Klägerin kann sich insbesondere nicht auf eine Monopolisierung der streitgegenständlichen Begriffe durch die Beklagte berufen. Diese hat nämlich weder versucht, an ihnen markenrechtliche Schutzrechte zu erlangen noch hat sie andere Aktivitäten unternommen, um die Inthronisation weiterer Bierköniginnen durch die Klägerin oder eine andere Brauerei zu verhindern. Soweit sich die Beklagte weigert, die „Oberpfälzer Bierkönigin, -prinzessinnen" anderen Brauereien zur Verfügung zu stellen, findet dies seine sachliche Rechtfertigung darin, dass die Aufwendungen für die Werbeidee, die hinter der Wahl und der Vermarktung der Bierkönigin steht, ausschließlich von ihr getragen werden. Zudem wäre die Klägerin ihrerseits nicht gehindert, eine eigene „Oberpfälzer Bierkönigin" zu wählen.
Dr. Robert Kazemi