21
Sep 2009

OLG Karlsruhe: Telefonbucheintrag unter der Rubrik „Zahnärzte für Kieferorthopädie“ nur bei Berechtigung zur Führung des Fachzahnarzttitels

Nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe (Urteil vom 09.07.2009, Az. 4 U 169/07) handelt eine Zahnärztin irreführend im Sinne des  § 5 Abs. 1 Ziffer 3 UWG sowie des  § 21 Abs. 1 S. 2 der Berufsordnung für Zahnärzte der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg, wenn sie sich in einem Telefonbuch unter der Rubrik „Zahnärzte für Kieferorthopädie" eintragen lässt, obwohl sie nicht berechtigt ist, die Gebietsbezeichnung „Fachzahnärztin für Kieferorthopädie" zu führen. Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass die Zahnärztin im Bereich der Kieferorthopädie tätig ist.

In den Urteilsgründen heißt es:

„Die Rubrik, unter der die Beklagte zu finden ist, lautet: „Zahnärzte für Kieferorthopädie (Fachzahnärzte)". In dieser Rubrik ist die Eintragung der Beklagten hervorgehoben durch eine Werbeanzeige mit dem Text „Praxis für Kieferorthopädie Dr. ... Zahnärztin".  [...]Die Rubriken-Überschrift in den beiden Telefonbüchern „Fachzahnärzte" erweckt jedoch den Eindruck, dass sämtliche in der Rubrik angegebenen Zahnärztinnen und Zahnärzte Fachzahnärztinnen/Fachzahnärzte seien. Angesichts der eindeutigen Bezeichnung der Rubrik („Fachzahnärzte") spielt die Formulierung der Werbeeintragung der Beklagten in dieser Rubrik („Praxis für Kieferorthopädie Dr. ... Zahnärztin") für die Irreführung keine Rolle. Die Werbeeintragung der Beklagten ist - unabhängig vom Verständnis dieser Werbeeintragung - nicht geeignet, die von dem Begriff „Fachzahnärzte" ausgehende Irreführung zu beseitigen.[...] Für Patienten, die einen Zahnarzt für einen bestimmten Bereich suchen, ist eine Information über eine solche Qualifikation wichtig. Wenn die Beklagte geltend macht, sie habe eine langjährige Erfahrung im Bereich Kieferorthopädie, ist dies aus der Sicht von Patienten nicht mit der Gebietsbezeichnung gleichzusetzen, da der Beklagten die entsprechende umfassende Weiterbildung und die Überprüfung ihrer besonderen Fachkenntnisse durch eine externe Institution (Landeszahnärztekammer) fehlt. Die unzutreffende Inanspruchnahme einer Gebietsbezeichnung ist daher auch dann geeignet, den Wettbewerb zum Nachteil von Fachzahnärzten in relevanter Weise zu beeinflussen, wenn die Beklagte die Berechtigung besitzen sollte, mit der Beschreibung „Tätigkeitsschwerpunkt: Kieferorthopädie" zu werben. Denn ein „Tätigkeitsschwerpunkt" (vgl. hierzu § 21 Abs. 2 BO und die Richtlinien für das Ausweisen von Tätigkeitsschwerpunkten gemäß § 21 BO) ist mit der Gebietsbezeichnung „Fachzahnarzt" wegen der unterschiedlichen Anforderungen nicht vergleichbar." [Hervorhebung durch den Verfasser]

Auch die Werbung unter der Rubrik „Zahnärzte für Kieferorthopädie" ohne den Zusatz „Fachärzte" ist unzulässig. Das OLG formuliert:

„Es ist allgemein bekannt, dass es heute vor allem bei Ärzten, aber auch bei Zahnärzten, einen hohen Grad an Spezialisierung gibt. Die Spezialisierung ist in der Werbung und in Praxisschildern vielfach verbunden mit der Bezeichnung „Facharzt für ..." bzw. „Fachzahnarzt für ...." . Dementsprechend ist in der Vorstellung von Patienten, die nach einem Arzt oder Zahnarzt suchen, die Spezialisierung eng verknüpft mit dem Bild einer anspruchsvollen Weiterbildung, aufgrund derer der Titel „Facharzt" oder „Fachzahnarzt" verliehen wird. Vor diesem Hintergrund können - je nach den Umständen - Hinweise auf ein bestimmtes Fachgebiet für den Patienten die Vorstellung nahelegen, dass es sich offensichtlich um einen Facharzt bzw. Fachzahnarzt handeln müsse, und nicht lediglich um einen Hinweis auf einen bestimmten Interessen- oder Tätigkeitsschwerpunkt. Im vorliegenden Fall ist von wesentlicher Bedeutung, dass das fragliche Telefonbuch nur Rubriken mit den Überschriften „Zahnärzte" bzw. „Zahnärzte für ..." enthält. Es gibt keine gesonderten Rubriken mit einer Überschrift „Fachzahnärzte". Da der Begriff „Fachzahnarzt" in den Rubriken-Überschriften nicht vorkommt, wird nach Auffassung des Senats zumindest ein erheblicher Teil der möglichen Patienten die Rubriken so verstehen, dass sie jeweils Fachzahnärzte für die einzelnen Gebiete aufweisen. Für eine solche Sichtweise muss auch der Umstand sprechen, dass es eine besondere Rubrik „Zahnärzte" gibt, so dass ein durchschnittlicher Leser vermuten muss, dass nur die „Zahnärzte" keine Fachzahnärzte sind, während die anderen Rubriken „Fachzahnärzte" enthalten. In den Rubriken für bestimmte Gebiete (insbesondere „Zahnärzte für Kieferorthopädie") gibt es zudem keine beschreibenden Zusätze (wie insbesondere „Tätigkeitsschwerpunkt"), die einer solchen Sichtweise entgegenstehen könnten."

Dr. Robert Kazemi

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