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Feb 2010

OLG Hamm: Unvollständige Widerrufsbelehrungen als Verstoß gegen § 4 Nr. 11 UWG

Mit Urteil vom 21.01.2010 (Az. 4 U 168/09) hat sich das Oberlandesgericht Hamm unter anderem mit der Frage der wettbewerbsrechtlichen Relevanz einer unvollständigen Widerrufsbelehrung befasst. Der später in Anspruch genommene hatte im Rahmen seiner Widerrufsbelehrung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen in Bezug auf die Widerrufsfrist die Formulierung gebraucht:

"Diese Frist beginnt zu laufen, sobald der Kunde sowohl die Ware als auch eine Widerrufsbelehrung in Textform erhalten hat."

Ein Mitbewerber sah hierin einen Verstoß gegen § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit den gesetzlichen Informationspflichten über das Widerrufsrecht im Rahmen des Fernabsatzes (§§ 312 Abs. 1 Satz 1, 312 c Abs. 2, 312 d Abs. 1, 355 BGB) und wurde hierin vom OLG bestätigt.

Nach Ansicht des Gerichts verstieß der in Anspruch genommene gegen ihre vorvertraglichen Informationspflichten nach § 312 c Abs. 1 Nr. 1 BGB. Er hat im Rahmen seines Internetauftritts in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen mitgeteilt, dass die Widerrufsfrist zu laufen beginne, sobald der Kunde sowohl die Ware als auch eine Widerrufsbelehrung in Textform erhalten habe. Diese Information war jedenfalls insoweit unvollständig, als bei diesem Angebot nicht darauf hingewiesen wird, dass die Widerrufsfrist nach § 312 d Abs. 2 BGB auch nicht vor Erfüllung der sich aus § 312 c Abs. 2 BGB ergebenden Informationspflichten beginnt. Diese weitere Voraussetzung für den Beginn der Widerrufsfrist ist in den Gestaltungshinweisen zum Muster für die Widerrufsbelehrung der Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV in Ziffer 3 b ausdrücklich erwähnt. Die in Abweichung von der Musterbelehrung gewählte unvollständige Formulierung sei sogar irreführend, weil beim Verbraucher der Eindruck entstehen kann, dass die Frist unabhängig von der Erfüllung der nach § 312 c Abs. 2 BGB bestehenden zusätzlichen Pflichten zu laufen beginnt, wenn die in den AGB genannten Voraussetzungen erfüllt sind.

Ein solcher Gesetzesverstoß ist nach Ansicht des OLG auch geeignet, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber und Verbraucher im Sinne des § 3 Abs. 1 UWG spürbar zu beeinträchtigen. Denn die richtige Belehrung über die Widerrufsfrist betrifft elementare Verbraucherschutzrechte und kann keine Bagatelle sein. Wer zwar grundsätzlich im Rahmen des § 312 c Abs. 1 Satz 1 BGB über das Widerrufsrecht informiert, dies aber unvollständig tut und dabei einen unzutreffenden Eindruck erweckt, beeinflusst das Verbraucherverhalten in diesem Sinne auch spürbar.

Bewertung:

Die Entscheidung des OLG Hamm verdeutlicht die enorme Bedeutung einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung im Fernabsatzgeschäft. Zwar tendieren einige Gerichte neuerdings dazu, einzelne Verstöße gegen die Belehrungspflichten (auch wegen der damit verbundenen faktischen Verlängerung der Widerrufsfristen) als wettbewerbsrechtlich irrelevant einzustufen. Dies sollte jedoch nicht zu Nachlässigkeiten in diesem Punkte führen. Verstöße im Internet können aufgrund des hier anzunehmenden fliegenden Gerichtsstandes grundsätzlich an jedem Zivilgericht geltend gemacht werden, damit auch am OLG Hamm. Dieses zeigte sich - auch in der Vergangenheit - im Interesse der Verbraucher als besonders restriktiv und stufte selbst kleinere Impressumsverstöße als Verstoß gegen § 4 Nr. 11 UWG ein. Jedem Unternehmer, der Waren im Fernabsatz abzusetzen sucht, ist daher dringend zu empfehlen, entweder auf die Gestaltungshinweisen zum Muster für die Widerrufsbelehrung der Anlage 2 zu § 14 BGB-InfoV zurückzugreifen oder aber seine eigene Widerrufsbelehrung einer kritischen Prüfung zu unterziehen. Sonst droht die kostspielige Inanspruchnahme durch Mitbewerber und Verbraucher- wie Wettbewerbsverbände.

Dr. Robert Kazemi

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