19
Apr 2013

OLG Hamm: Keine Anwaltskostenerstattung bei Abmahnung des Rechtsanwalts in eigener Sache

Ansprüche auf Schadensersatz gem. §§ 823, 249 BGB und auf Aufwendungssatz nach den Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag scheiden nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen bei Abmahnungen durch Rechtsanwälte in eigenen Angelegenheiten in aller Regel aus. Bei typischen, unschwer zu erkennenden und zu verfolgenden Rechtsverletzungen hat der betroffene Rechtsanwalt seine eigene Sachkunde einzusetzen. Es besteht deshalb auch bei einem Selbstauftrag nach insoweit eindeutiger höchstrichterlicher Rechtsprechung kein Gebührenanspruch. Ein Schädiger hat nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes jedoch nicht schlechthin alle durch das Schadensereignis adäquat verursachten Anwaltskosten zu ersetzen, sondern nur solche, die aus der maßgeblichen Sicht des Geschädigten mit Rücksicht auf seine spezielle Situation (so genannte subjektbezogene Schadensbetrachtung) zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren.  Im Wettbewerbsrecht ist die Beauftragung eines Anwaltes für Abmahnung - sowohl unter dem Gesichtspunkt einer Geschäftsführung ohne Auftrag, als auch unter schadensersatzrechtlichem Blickwinkel - nicht erforderlich, wenn bei typischen, unschwer zu verfolgenden Wettbewerbsverstößen der Abmahnende über hinreichende eigene Sachkunde zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung verfügt (BGH, Urteil vom 06.05.2004, I ZR 2/03). Diese wird vom Gesetzgeber insbesondere bei Einrichtungen im Sinne von § 8 Abs. 3 Nr. 2-4 UWG vorausgesetzt. Das entspricht der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, nach der auch größeren Wirtschaftsunternehmen mit eigener Rechtsabteilung und Rechtsanwälten im Fall der eigenen Betroffenheit regelmäßig zuzumuten ist, Abmahnungen selbst auszusprechen (BGH, a. a. O.). Vergleichbare Grundsätze gelten auch außerhalb des Wettbewerbsrechtes. Ist in einem einfach gelagerten Schadensfall die Verantwortlichkeit und damit die Haftung von vorneherein nach Grund und Höhe derart klar, dass aus der Sicht des Geschädigten kein vernünftiger Zweifel darin bestehen kann, dass der Schädiger ohne Weiteres seiner Ersatzpflicht nachkommen werde, so ist im Allgemeinen nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes aus Sicht des Geschädigten zur Schadensbeseitigung nicht erforderlich, schon für die erstmalige Geltendmachung des Schadens gegenüber dem Schädiger einen Rechtsanwalt hinzuziehen. Vielmehr ist der Geschädigte in derart einfach gelagerten Fällen grundsätzlich gehalten, den Schaden zunächst selbst geltend zu machen. Die sofortige Einschaltung eines Anwaltes kann sich nur unter besonderen Voraussetzungen als erforderlich erweisen, wovon vorliegend nicht auszugehen ist. Hiernach erweist sich die sofortige Einschaltung eines Anwaltes aus Sicht des Geschädigten dann als nicht erforderlich, wenn er selbst über eigene Sachkenntnisse und Erfahrungen zur Abwicklung des konkreten Schadensfalles verfügt. Dieses Wissen hat er besonders in den bereits beschriebenen einfach gelagerten, aus seiner Sicht zweifelsfreien Fällen bei der erstmaligen Geltendmachung von strafbewehrten Unterlassungsansprüchen einzusetzen. Nach den vorgenannten Grundsätzen hat der BGH insbesondere die Erstattungen für Anwaltskosten für Abmahnungen in eigener Sache wegen vermeintlich wettbewerbswidriger Telefaxwerbung eindeutig abgelehnt (BGH, Urteil vom 12.12.2006, VI ZR 175/05).

Diese Rechtsprechung wird nunmehr auch durch das OLG Hamm bestätigt. Mit Urteil vom 28.02.2013 in Sachen 4 U 159/12 hat das Gericht einer Fachkanzlei für Arbeits- und Familienrecht einen Erstattungsanspruch für eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung in eigener Sache versagt. Denn die in Rede stehenden Pflichten des Dienstleistungserbringers nach § 2 Abs. 1 DL-InfoV mussten der Klägerin schon deshalb geläufig sein, weil sie diese selbst zu erfüllen hat. Für die Abmahnung der Beklagten wegen eines diesbezüglichen Verstoßes bedurfte es sodann in Anbetracht des offensichtlichen Wettbewerbsverhältnisses und des einfach gelagerten Sachverhaltes keiner speziellen wettbewerbsrechtlichen Kenntnisse. Vielmehr genügte zur Vermeidung eventueller Kostenrisiken nach § 93 ZPO zunächst eine auch außerhalb des wettbewerblichen Bereichs gängige, einfache Abmahnung verbunden mit der Aufforderung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung.

Dr. Robert Kazemi

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