19
Mai 2009

OLG Hamm: Auch Zahnärzte können als „Ärzte“gemeinschaft im Internet werben

In einem aktuellen Urteil  vom 24.03.2009 hatte sich das Oberlandesgericht Hamm (OLG) mit der Frage zu beschäftigen, ob es Zahnärzten gestattet ist, sich in den „Gelben Seiten" als Ärztegemeinschaft darzustellen.

Der Entscheidung des OLG war ein Urteil des Landgerichts Essen vorausgegangen (Urt. v. 11.08.2008, Aktenzeichen: 44 O 69/08), welches diese Frage bereits im Sinne der werbenden Zahnärztegemeinschaft entschieden hatte.

Der Fall:

Zahnarzt A und B betreiben in F. eine Zahnarztpraxis "Dr. A u. B". Bei Ihnen angestellt ist die Assistenz-Zahnärztin C. Gesellschaftsrechtliche Verbindungen zwischen ihr und A und B bestehen nicht, C ist also nicht Gesellschafterin der Zahnarztpraxis „Dr. A und B". Die Zahnarztpraxis „Dr. A und B" wirbt in der elektronischen Version des Branchentelefonbuchs "Gelbe Seiten" unter der Überschrift "Zahnarztpraxis Dr. A u. B" mit dem Zusatz „Ärztegemeinschaft", in der Anzeige wird auch Zahnärztin C aufgeführt.

Die Entscheidung:

Die auf Unterlassung klagende Zahnärztekammer sah hierin einen Verstoß gegen das zahnärztliche Berufsrecht und die Bestimmungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG).  Da die vorgenannte Werbung irreführend sei. Eine Irreführung liege einmal in der Verwendung des Begriffes „Ärztegemeinschaft", weil dies vom durch die Werbung angesprochenen Personenkreis so verstanden werde, dass sich nicht nur Zahnärzte, sondern auch Mediziner anderer Fachbereiche zu einer Gemeinschaft zusammengefunden hätten. Die Verwendung des Begriffes "Ärztegemeinschaft" verletze zugleich § 15 der Berufsordnung. Eine Irreführung liege ferner deshalb vor, weil die Zahnärztin C. - unstreitig - keine gesellschaftsrechtlichen Verbindungen zu A und B eingegangen sei.

Nur in letzerem Punkt gab das Landgericht der Zahnärztekammer Recht, denn die Erwähnung der C unter der Überschrift Ärztegemeinschaft stelle eine Täuschung über die geschäftlichen Verhältnisse im Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 UWG dar. „Durch die Benennung wird bei einem relevanten Kreis der angesprochenen Personen nicht nur der Anschein erzeugt, es könne bei Verträgen mit der "Ärztegemeinschaft" gegebenenfalls auch auf das Vermögen der Drittbeklagten zugegriffen werden und zwar auf Grund eines gesetzlich gesicherten Anspruchs (§ 128 Satz 1 HGB analog) und nicht nur aus Rechtsscheinserwägungen", hieß es damals im Urteil des Landgerichts. Die Wortwahl „Ärztegemeinschaft" sei zudem geeignet, Fehlvorstellungen über die Vertretungsbefugnisse zu erzeugen, die gemäß den §§ 709 Abs. 1, 714 BGB im Zweifel nur allen Gesellschaftern gemeinschaftlich zustehen. Dies könnte - beispielhaft - zur Folge haben, dass Patienten bei einem mit dem Erst- und der Zweitbeklagten geschlossenen Behandlungsvertrag nachträglich daran zweifeln könnten, ob der Vertragsschluss wirksam erfolgt ist, wenn die Drittbeklagte den Konditionen des Vertrages widersprechen sollte.

Was die grundsätzliche Verwendung des Begriffes „Ärztegemeinschaft" durch Zahnärzte angehe, sah das LG hingegen keine Probleme. Das OLG Hamm bestätigt das LG Essn nunmehr in seiner Einschätzung.

Zwar geht der Senat davon aus, dass in der Verwendung des Begriffes „Ärztegemeinschaft" durch Zahnärzte im Einzelfall eine Irreführung liegen könnte und zwar dann, wenn Zahnärzte diesen Begriff isoliert für Ihre Tätigkeit verwenden, ohne zugleich auf ihre Eigenschaft als Zahnärzte hinzuweisen. Denn ein Zahnarzt darf sich nicht schlechthin als Arzt bezeichnen!

Für die Beurteilung der Frage, ob bei der sonstigen Verwendung der Bezeichnung „Ärztegemeinschaft" eine Irreführung anzunehmen ist, ist jedoch - wie auch sonst im Rahmen des Irreführungstatbestandes im UWG - auf den Gesamteindruck einer Verhaltensweise (hier der Werbung) abzustellen. Dieser ergab im vorliegenden Fall keine Irreführung.

Warum?

Nach Feststellung des OLG war der streitgegenständliche Eintrag in den Gelben Seiten durch die hervorgehobene Anfangszeile "Zahnarztpraxis Dr. A u. B" bestimmt. Auch die angegriffene Unterzeile "Ärztegemeinschaft A u. B" hat als Ergänzung in der Zeile darunter die Bezeichnung "Dr. med. dent.".

„Der Gesamteindruck der Eintragung in den Gelben Seiten macht hier deutlich, dass es sich nur um eine Zahnarztpraxis handelt. Denn in Großdruck und in Großbuchstaben ist in der Oberzeile unübersehbar von "ZAHNARZTPRAXIS" die Rede. Damit wird für den Patienten hinreichend deutlich, dass der Begriff "Ärztegemeinschaft", der dieser hervorgehobenen Bezeichnung folgt, nicht im technischen Sinne gemeint sein kann, sondern sich nur auf die vorhergehende Oberzeile als die maßgebliche Angabe bezieht. Es fehlt zudem jeder Hinweis auf weitere Praxismitglieder anderer Fachrichtungen. Es wird auch auf eine über eine bloße zahnärztliche Behandlung hinausgehende Ganzheitsmethode nicht hingewiesen. Der Verkehr ist es aber gewohnt, dass auf besondere Ausgestaltungen einer Praxis im Hinblick auf eine über das im Vordergrund stehende Fachgebiet hinausgehende Ausgestaltung besonders hingewiesen wird. Von daher hat der Verkehr hier keine Veranlassung, in der Ärztegemeinschaft A mehr zu sehen als eine normale Zahnarztpraxis, wie sie dem Patienten in der Oberzeile verheißen wird", so das OLG Hamm.

Praxistipp:

Auch Zahnärzte können sich grundsätzlich als „Ärzte"gemeinschaft bezeichnen, wenn Sie zugleich ihre Stellung als Zahnärzte in geeigneter Weise verdeutlichen. Dies kann beispielsweise in Form eines Zusatzes „Ärztegemeinschaft Dr. med. dents." - ZAHNARZTPRAXIS geschehen. Nur die isolierte Verwendung ist verboten.

Wichtiger jedoch. Wer sich als Gemeinschaft bezeichnet, muss auch eine Gemeinschaft sein. Dies bedeutet, dass angestellte Zahnärzte unter einer derartigen Bezeichnung grundsätzlich dann nicht genannt werden dürfen, wenn man ihren Angestelltenstatus nicht durch entsprechende Hinweise verdeutlicht. Dies gilt im Übrigen nicht nur für die Werbung in Branchenverzeichnissen, sondern generell, auch für das Praxisschild.

Dr. Robert Kazemi

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