11
Jun 2013

OLG Düsseldorf: Himbeer-Vanille-Tee muss keine Himbeere und Vanille enthalten

Felix" (lat. „der Glückliche"), so nennt Teekanne ihr vor allem an Kinder- und Jugendliche gerichtetes Teesortiment. Doch ist der Teetrinker wirklich glücklich, wie es der Name verspricht? Zugegeben, das OLG Düsseldorf hat sich im Rahmen seiner Entscheidung zum „Himbeer-Vanille-Abenteuer" nicht konkret mit der Zufriedenheit befasst, sondern vornehmlich mit der Verbrauchererwartung an ein eben so bezeichnetes Früchtetee-Getränk. Für viele sicherlich überraschend: Dieses schmeckt zwar nach Himbeere und Vanille, beinhaltet diese jedoch nicht. Und dies, obwohl hier mit „natürlichen Zutaten" geworben wird. Trotzdem keine Irreführung, meint das OLG Düsseldorf (Urt. vom 19.02.2013, Az. 1- 20 U 59/12).

Der Fall:

Teekanne wirbt für den von ihr hergestellten Früchtetee „Felix - Himbeer-Vanille-Abenteuer" mit nachfolgend eingeblendeter Verpackung. Dieser enthält keine Bestandteile von Vanille oder Himbeere, sondern lediglich natürliche Aromen mit Himbeer- und Vanillegeschmack:

Teekanne_Pakung Teekanne Tee

Der Kläger vertritt die Auffassung, die Angaben auf der Verpackung seien angesichts des Inhalts irreführend. Der Verbraucher erwarte aufgrund des Produktnamens, der Abbildungen von Himbeeren und Vanilleblüten sowie nicht zuletzt wegen des Zusatzes "nur natürliche Zutaten" im goldenen Kreis, dass der Tee Bestandteile von Vanille und Himbeere, jedenfalls aber natürliches Vanille-Aroma und natürliches Himbeer-Aroma enthalte.

Die Entscheidung:

Die Klage ist unbegründet, da die streitgegenständliche Verpackung keine nach §§ 3, 8 Abs. 1 UWG zu untersagende Irreführung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB oder § 5 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 UWG enthält.

Der an die Verkehrserwartung anzulegende Maßstab ist der des Durchschnittsverbrauchers, der angemessen gut unterrichtet und angemessen aufmerksam und kritisch ist (vgl. Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 5 Rdnr. 1.46 ff m.w.N.). Bei der Frage, was der Verbraucher erwartet, orientiert sich die Beurteilung nicht in erster Linie am Deutschen Lebensmittelbuch (§ 15 LFB) - hier den Leitsätzen für Tee, teeähnliche Erzeugnisse, deren Extrakte und Zubereitungen (LML Tee) -, weil die dort niedergelegten Leitsätze als sachverständige Beschreibung der für die Verkehrsfähigkeit bedeutsamen Herstellung, Beschaffenheit und sonstigen Merkmale von Lebensmitteln unter Umständen entsprechende bestehende oder künftig herauszubildende Erwartungen der-Verbraucher nahe legen können, sie aber weder verbindliche Rechtsnormen noch in jedem Fall zuverlässige Abbilder des aktuellen Verbraucherverständnisses sind. Dies gilt insbesondere hinsichtlich des Begriffs .natürliches Aroma", auf den sogleich einzugehen sein wird. Dem verständigen Verbraucher bietet sich vorliegend folgendes Bild: Der Name "Himbeer-Vanille-Abenteuer" und die Abbildungen von Himbeeren und Vanilleblüten deuten auf die Geschmacksrichtung des Tees. Sie alleine rechtfertigen nicht den Schluss, dass Zutaten von Himbeeren und Vanille in der Teemischung enthalten sind. Der auf Front und Oberseite enthaltene Zusatz .Früchtetee mit natürlichen Aromen" besagt, dass Aromen zugesetzt wurden, die natürlichen Ursprungs sind. Die Natürlichkeit aller Bestandteile wird durch das Siegel .nur natürliche Zutaten", das der Kläger entgegen der Ansicht der Beklagten in erster Instanz zum Sach- und Streitstand gemacht hat, ausdrücklich betont. Die genannten Informationen vereinen sich auf einer Seite der Packung in dem Aufdruck: "Früchteteemischung mit natürlichen Aromen - Himbeer-Vanille-Geschmack". In der Zutaten liste heißt es sodann, dass die natürlichen Aromen Himbeer- bzw. Vanillegeschmack haben, was zweifelsfrei zum Ausdruck bringt, dass sie nur über den entsprechenden Geschmack verfügen, hieraus aber nicht gewonnen wurden. Dies genügt. Zwar mag nicht allgemein bekannt sein, dass es Aromen natürlichen Ursprungs gibt, die nicht aus Himbeeren und Vanille hergestellt sind, aber deren Geschmack haben, so dass die Angaben auf Front und Oberseite der streitgegenständlichen Verpackung für sich gesehen aus der Sicht eines durchschnittlichen Verbrauchers möglicherweise nicht eindeutig sind. Seine richtige und vollständige Information durch die Zutatenliste genügt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaft (EuGH) jedoch, um eine Irreführung auszuschließen.

Dies bedeutet für den hiesigen Fall, dass die Angaben "Früchtetee mit natürlichen Aromen" und "nur natürliche Zutaten" den an der konkreten Zusammensetzung des Tees interessierten Durchschnittsverbraucher, der sich anhand der Zutaten liste informieren kann und dies auch tun wird, nicht irreführen. Einen an der Zusammensetzung nicht interessierten Durchschnittsverbraucher können die genannten Angaben ebenfalls nicht irreführen, da er sich darüber, welche Aussage mit den Angaben zum Inhalt der Packung getroffen wird, überhaupt keine Gedanken macht.

Bewertung:

Die Entscheidung des OLG Düsseldorf ist vor dem Hintergrund der durch das Gericht zitierten Rechtsprechung des EuGH zum Verbraucherleitbild jedenfalls juristisch nachvollziehbar. Dass man den Sachverhalt jedoch auch mit guten Gründen anders entscheiden kann, belegt die Entscheidung der Ausgangsinstanz. Diese hatte Teekanne antragsgemäß zur Unterlassung verurteilt und zur Begründung ausgeführt, mit der streitgegenständlichen Verpackung verstoße die Beklagte gegen § 11 Abs. 1 Nr. 1 LFGB, da der Tee unter irreführender Aufmachung in den Verkehr gebracht werde. Obwohl er weder irgendeinen Bestandteil von Himbeeren oder Vanille als Zutat noch ein aus diesen Pflanzen gewonnenes Aroma enthalte, trage er die Bezeichnung Himbeer-Vanille in seinem Namen und zeige auf seiner Verpackung Himbeeren und Vanilleblüten. Aufgrund dessen und des aufgedruckten Zusatzes "nur natürliche Zutaten" müsse der Leser bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der Packung den Eindruck gewinnen, bei den Angaben "Himbeere" und .Vanille" handele es sich um die erwähnten natürlichen Zutaten. Die streitgegenständliche Packungsaufmachung entspreche auch nicht Teil D Nr. 4 der geänderten LML Tee, die eine deutlich erkennbare Angabe für den Fall von ausschließlichem oder überwiegendem Einsatz von Aromen fordere. Es  werde weder mit "Himbeer-Vanille-Geschmack" noch mit "Himbeer-Vanille-Aroma" geworben. Gleiches gelte für Teil D Nr. 4 Abs. 1 der LML Tee, da nicht auf die Aromatisierung mit Bezeichnung der Geschmacksrichtung geworben werde. Persönlich überzeugt mich die Entscheidung des Erstgerichts, kommt sie doch dem tatsächlichen Verbraucherverhalten m.E. näher. Wie immer, wenn es um die Frage der Irreführung geht, ist die Festlegung des Verkehrsverständnisses jedoch eine Auslegungsfrage.

Dr. Robert Kazemi

Zurück