OGH: Verwendung fremder Namen und Kennzeichen in Domainnamen kann zulässig sein – „aquapol-unzufriedene.at“
Wer kennt Sie nicht, die Foren und anderen Internetdomains, die sich mit Kritik an dem Geschäftsbewahren einzelner Unternehmen und Gruppen oder auch bestimmter Produkte befassen. Den hier angesprochenen ist dies zumeist ein Dorn im Auge. Kein Wunder, wird der eigene Name bzw. das eigene Produkt doch mit Negativem in Verbindung gebracht.
Solange sich die Äußerungen auf diesen Internetseiten jedoch im Rahmen des rechtlich zulässigen halten, also insbesondere keine Schmähkritik, keine unwahren Tatsachen und/oder Beleidigungen enthalten, wird es für den jeweiligen Namens- oder Markeninhaber schwer sein, diese Handlungen zu unterbinden. Im Rahmen der Verknüpfung einer „Kritik-Domain“ mit dem jeweiligen Produkt-, Unternehmens- oder Familiennamen kommt erschwerend hinzu, dass diese Domains in aller Regel auch bei Suchmaschinenabfragen, in denen nur nach dem jeweiligen Namen oder Kennzeichen gesucht wird, besonders hoch gelistet werden. Wer nach „Aquapol“, einem Unternehmen, dass Mauertrockenlegungen nach einem Alternativverfahren anbietet sucht, stößt beispielsweise bei Google schon auf der zweiten Suchergebnisseite auf die Domain „aquapol-unzufriedene.at“. Wie der Domainname vermuten lässt, wohl nicht gerade eine „Fanseite“ des genannten Unternehmens bzw. dessen Verfahrens.
Dies empfand auch Aquapol so und suchte die Betreiber der Internetdomain auf Freigabe des Domainnamens gerichtlich zu verpflichten. Ohne Erfolg – wie der österreichische Oberste Gerichtshof (OGH) nunmehr entschieden hat (OGH, Urt. vom 24.02.2009 – Az. 17Ob2/09g).
Man mag sich fragen, warum wir von dieser Entscheidung berichten. Ganz einfach, die Argumentation, wie auch die Rechtslage in Österreich, sind der deutschen durchaus vergleichbar. Auch in der Bundesrepublik könnte die Entscheidung mithin Bedeutung erlangen.
Worauf stütze sich das klagende Unternehmen?
Die unter der Adresse „aquapol-unzufriedene.at“ aufrufbare Website enthält in der Menüzeile die vier Submenüs „Aquapol, Elektroosmose, Meinungen, Ratschläge" und wendet sich unter der Überschrift „Unzufrieden mit Aquapol?" als Meinungsforum an Personen, die am Verfahren der Anspruchstellerin interessiert sind oder damit schon Erfahrungen gemacht haben. Die Leser werden aufgefordert, „möglichst sachlich" über ihre Erfahrungen mit der Trockenlegung von Mauern mittels Aquapol oder ähnlichen Verfahren zu schreiben. Die Website führt über den Link „ZUM FORUM" zu zahlreichen Subseiten mit - sowohl kritischen als auch positiven - Artikeln über die Klägerin und deren Trockenlegungsmethode, die zum Teil auch aus anderen Internetforen stammen, zum Teil die Meinung von Kunden der Klägerin wiedergeben, sowie zu Fachartikeln und Fachinformationen zu diesem Thema.
Aquapol sah in der Verwendung des Domainnamens einen Eingriff in Ihre Marken- und Namensrechte an der Bezeichnung „Aquapol“ und forderte von den Inhabern der „Unzufriedenen-Seite“ es zu unterlassen, die Bezeichnung „Aquapol“ zur Kennzeichnung von Websites - insbesondere der Website http://www.aquapol-unzufriedene.at - zu gebrauchen und/oder zu verwenden und/oder gebrauchen zu lassen und/oder verwenden zu lassen und/oder das Keyword „Aquapol" im Quelltext der Website http://www.aquapol-unzufriedene.at zu verwenden und/oder verwenden zu lassen und/oder das Keyword „Aquapol" im Quelltext einer sonstigen Website zu verwenden.
Diesem Ansinnen hat der OGH nunmehr eine Absage erteilt.
Bewertung:
Der OGH sah in der Domainverwendung keine herkunftshinweisende Verwendung des geschützten Zeichens und verneint deshalb das Bestehen markenrechtlicher Unterlassungsansprüche. Nach Ansicht des Gerichts schließe der zur Bildung der Domain gewählte Zusatz „-unzufriedene" im unmittelbaren Anschluss an den Wortbestandteil der Marke der Klägerin geradezu aus, „dass Nutzer erwarten, mit Hilfe dieser Domain auf Informationen des Markeninhabers selbst zugreifen zu können.“ Ein – auch in Deutschland – für einen markenrechtlichen Unterlassungsanspruch notwendiger „kennzeichenmäßiger“ Gebrauch lag damit nicht vor.
Dem ist grundsätzlich zuzustimmen.
Im Mittelpunkt der kennzeichenrechtlichen Beurteilung der hier streitgegenständlichen Verwendung eines fremden Kennzeichen steht grundsätzlich die Frage, ob diese Art der Verwendung eine rechtsverletzende Benutzung im geschäftlichen Verkehr i. S. d. § 14 Abs. 2 bzw. § 15 Abs. 2 MarkenG darstellt. In diesem Zusammenhang wird bekanntlich darüber gestritten, ob eine Kennzeichenverletzung nach §§ 14, 15 MarkenG – wie nach §§ 15, 24 WZG – eine „kennzeichenmäßige“ Benutzung voraussetzt. Der Europäische Gerichtshof hat sich erstmals in der BMW-Entscheidung (EuGH, Urteil vom 23. 2. 1999 - C-63/ 97 – BMW) mit dem Benutzungsbegriff des Art. 5 Abs. 1 MarkenRL beschäftigt und bekräftigte, dass es darauf ankomme, „ob die Marke zur Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen als solche eines bestimmten Unternehmens, also als Marke, benutzt werde, oder ob die Benutzung zu anderen Zwecken erfolge“.
Auch in den nachfolgenden Entscheidungen „Hölterhoff“ und „Arsenal“ hob der Gerichtshof stets die Herkunftsfunktion der Marke hervor. Der Bundesgerichtshof hält in ständiger Rechtsprechung ebenfalls an dem Erfordernis einer „kennzeichenmäßigen“ Benutzung fest und fordert, dass die Benutzung eines Zeichens im Rahmen des Produkt- oder Leistungsabsatzes jedenfalls auch der Unterscheidung der Waren/Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer dient. Das Vorliegen der in diesem Sinne als „kennzeichenmäßig“ verstandenen Benutzung bestimme sich nach der Auffassung des Verkehrs und zwar regelmäßig nach der eines durchschnittlich informierten, verständigen und aufmerksamen Durchschnittsverbrauchers (vgl. BGH Urt. v. 3.11.2005, I ZR 29/03 – Gewinnfahrzeug mit Fremdemblem).
Die Verwendung fremder Marken innerhalb zusammengesetzer Internetdomian-Namen wie im vorliegenden Fall stellt damit grundsätzlich keine kennzeichenmäßige Benutzung dar. Dies macht die Entscheidung des OGH in erfreulicher Weise deutlich. Unter dem Blickwinkel der irreführenden Werbung i. S. d. § 5 Abs. 2 UWG, kann aber davon auszugehen sein, dass dann, wenn die eine Marke oder ein Name unter dem verwendenden Internet-Domiannamen keinen inhaltlichen Bezug zum gebrauchten Kennzeichen aufweist, von einer Irreführung im Sinne der Vorschrift auszugehen ist. Diese aber wiederum gäbe dem Marken- und/oder Namensinhaber einen klagbaren Unterlassungsanspruch.
Was namensrechtliche Ansprüche des klagenden Unternehmens angeht, so geht der OGH davon aus, dass auch keine „Verletzung des Namensrechts der Klägerin durch Namensbestreitung, Namensanmaßung oder sonst unbefugten Namensgebrauch gesehen werden“ könne. Der Domain-Inhaber bestreite nämlich weder das Recht der Klägerin, unter ihrem Firmenschlagwort aufzutreten, noch trete er Dritten gegenüber unter ihrem Firmenschlagwort auf. Dem Beklagten könne auch nicht vorgeworfen werden, „durch Verwendung der Domain den unzutreffenden Eindruck zu erwecken, es bestünden ideelle oder wirtschaftliche Beziehungen zwischen ihm als Domaininhaber und der Klägerin als Namensträgerin“. Auch insoweit sei daher eine Verletzung schutzwürdiger Interessen der Klägerin zu verneinen.
Auch in diesem Punkt ist dem OGH zuzustimmen. In den oben beschriebenen Grenzen des UWG begründet die Aufnahme eines fremden Firmenschlagworts in eine Domain daher auch in der Bundesrepublik keinen aus dem Namensrecht abgeleiteten Unterlassungsanspruch, jedenfalls solange die Verwendung des Firmenschlagworts keine unerwünschte Identifikation zwischen dem Namensträger und dem Domaininhaber bewirkt und auch sonst keine Zuordnungsverwirrung auslöst.
Dr. Robert Kazemi