Neue Abmahnfalle für Gewerbetreibende – Ist die „Scheibenwischerwerbung“ wettbewerbswidrig?
In einer aktuellen Stellungnahme der IHK Frankfurt a.M. zum Thema „Belästigende Werbung" heißt es:
„Werbezettel hinter Scheibenwischer oder in Fensterdichtungen von Autos zu befestigen, ist ebenfalls unzulässig, da der Scheibenwischer und auch die Fensterdichtungen nicht zu diesem Zwecke dienen und insofern quasi missbraucht werden."
Zugegeben, diese Werbeform ist lästig, wer kennt sie nicht, die farbenfrohen Zettel hinter dem Scheibenwischer, die auf nahende Veranstaltungen, Konzerte oder vermeintlich günstige Möglichkeiten des Autoverkaufs hinweisen und die sich stellenweise zu Hauf finden, wenn man sein Auto für nur wenige Stunden im öffentlichen Verkehrsraum aufstellt. Oft bemerkt man diese Zettel erst nach dem Losfahren, bei Regen kleben sie auf der Scheibe fest und können nur noch in Einzelteilen entfernt werden, wer Glück hat, erwischt hier wenigstens solche Zettel, die farbecht sind.
Keine Frage: Die Zettel hinter dem Scheibenwischer oder eingeklemmt am Fahrer- oder Beifahrerfenster sind lästig. Nach Ansicht der IHK Frankfurt a.M. sogar so lästig, dass man sie als belästigende Werbung im Sinne des § 7 UWG einstufen kann.
Mit dieser Ansicht ist die IHK Frankfurt a.M. indes nicht allein, auch aktuelle Veröffentlichungen in der juristischen Fachliteratur weisen auf die wettbewerbsrechtliche Problematik dieser Werbeform hin (lesenswert: Wasse, WRP 2010, 191).
Hintergrund sind die aktuellen Änderungen im Gesetz gegen den Unlauteren Wettbewerb (UWG), insbesondere in der bereits erwähnten Vorschrift des § 7 UWG, der sich mit „unzumutbaren Belästigungen" beschäftigt.
Im Jahr 1990 hatte das OLG Hamm noch entschieden, dass die Befestigung von Flugblättern und Werbematerial an Kraftfahrzeugen nicht ohne weiteres wettbewerbswidrig sei. Ob dies auch aktuell noch zutrifft, darf mit guten Argumenten bezweifelt werden. Insoweit ist nämlich nach § 7 Abs. 1 UWG entscheidend, ob die Werbung den angesprochenen „belästigt. Dies scheint schon deshalb anzunehmen zu sein, weil der betroffene Autofahrer entweder nach einem Abfalleimer suchen oder den Zettel entgegen den guten Sitten im Umweltschutz auf die Straße werfen muss. Auch können Handzettel bei Regen, Eis oder Schnee schwierig zu entfernen sein und im Extremfall auf der Scheibe Rückstände hinterlassen oder die Wischerblätter beschädigen. Schließlich kann sich der Autofahrer gegen die aufgedrängte Werbung - anders als bei der Briefkastenwerbung - nicht einfach mit einem sog. Sperrvermerk wehren.
Da auch die Kommentarliteratur zu § 7 UWG zur Annahme einer belästigenden Werbung neigt, ist allen Unternehmern, die bislang auf diese Weise für Ihre Produkte oder Dienstleistungen geworben haben, dringend anzuraten, in Zukunft auf diese Werbeform zu verzichten. Auch wenn bislang ein erstes wettbewerbsrechtliches Urteil zu dieser Problematik noch aussteht, will man schließlich nicht der Erste sein, den das kostspielige Schwert des Wettbewerbsrechts trifft.
Dr. Robert Kazemi