21
Jul 2009

LG Hamburg: Versteckte Preise im Internethandel – „Tickets ab 19,90 €“

In einem aktuellen Urteil vom 18. Juni 2008 (Az. 315 O 17/09) hat sich das Landgericht (LG) Hamburg mit der Frage zu beschäftigen gehabt, in welcher Form Internetanbieter über die Preise der durch Sie verkauften Produkte hinzuweisen haben.

Im konkreten Fall warb eine Online-Plattform auf der Tickets zu Konzerten und anderen Veranstaltungen erworben werden können mit der Aussage „Tickets ab ... € (hier ab 19,90 €)*". *". Daneben war ein Link mit dem Text „HIER ONLINE BUCHEN". Der Verbraucher, der das Ticket über den Link „HIER ONLINE BUCHEN" online bestellt, hat zusätzlich eine Vorverkaufsgebühr von 15 % des dargestellten Ticketpreises zu entrichten; desweiteren sei eine Systemgebühr in Höhe von 2,00 € hinzuzurechnen.

Der *Hinweis hinter „Tickets ab 19,90 €" verwies auf eine Fußzeile mit folgendem Inhalt:

„Hotlinekosten: 14 Ct./Min., abweichende Preise aus den Mobilfunknetzen möglich./Ticketpreis gültig für alle abgebildeten Produktionen bis auf Disneys DER KÖNIG DER LÖWEN und ICH WAR NOCH NIEMALS IN NEW YORK (Tickets ab 29,90 €)./Gültig für alle ausgewählte Termine und Preiskategorien, buchbar bis 30.09.2008 für Vorstellungen bis 30.09.2008 (bei ELISABETH für Vorstellungen bis 14.09.08). Nur solange der Vorrat reicht./Alle Preise verstehen sich zzgl. Vorverkaufsgebühr und 2,- € Systemgebühr pro Ticket. Auf Sommerpreise werden keine weiteren Ermäßigungen gewährt."

Der hiergegen vorgehende Verbraucherverband sah in der werblichen Herausstellung des „ab-Preises" einen Verstoß gegen die sog. Preisangabenverordnung (PreisangabenVO) und eine damit einhergehende unzulässige Irreführung der Verbraucher und begehrte von der Internet-Plattform Unterlassung. Zu Recht, urteilte nun das LG Hamburg.

Das Gericht führt aus:

„Die Aussage „Tickets ab 19,90 €" wäre wahr, wenn Tickets ab 19,90 € für das betreffende Musical zu erwerben wären. Der Verkehr erwartet bei einer Preisaussage „ ab ...", dass - wenn auch im eingeschränkten Ausmaß - Tickets zu diesen Preisen zu erhalten sind. Diese Erwartung wird jedenfalls dann getäuscht, wenn der Verbraucher das Ticket über den Link „HIER ONLINE BUCHEN" online bestellt: Dann treten Vorverkaufsgebühren von 15% und eine Systemgebühr von 2 € hinzu. [...] Die Beklagte kann auch nicht mit Erfolg darauf verweisen, dass das Sternchen hinter „Tickets ab 19,90 €" auf einen Fließtext verweist, in dem dargestellt ist, dass auf den angegebenen Ticketpreis 15% Vorverkaufsgebühren erhoben werden und dass eine Systemgebühr von zwei EUR anfällt. Grundsätzlich muss in Fällen, in denen der Blickfang zwar nicht objektiv unrichtig ist, aber nur die halbe Wahrheit enthält, ein Stern oder ein anderes hinreichend deutliches Zeichen den Betrachter zu dem aufklärenden Hinweis führen (Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 26. Aufl., § 5 Rdnr. 2.98 m.w.N.). Insoweit trifft den Werbenden die Pflicht, die anderen belastenden Bestandteile klar zugeordnet und ähnlich deutlich herauszustellen (Hefermehl/Köhler/Bornkamm, a. a. O., m.w.N., zunächst für Kopplungsangebote), wobei es von den Umständen des Einzelfalls abhängt, wie deutlich Stern und aufklärender Hinweis gestaltet sein müssen [...] so ist dieser Text in der realen Wahrnehmungssituation immer noch so klein, dass er schwer zu erkennen ist und nicht ansatzweise die Anforderungen an die deutliche Herausstellung der Aufklärung erfüllt; es tritt hinzu, dass über den blickfangmäßig präsentierten Link „HIER ONLINE BUCHEN" der Verbraucher ohnehin dazu verführt wird, sich sogleich in den Bestellvorgang zu begeben. Vor allem aber erscheint der Hinweis darauf, dass eine Vorverkaufsgebühr und eine Systemgebühr anfällt, in dem gesamten Hinweistext erst am Ende und so eingebaut, dass auch dadurch die Wahrnehmung zusätzlich erschwert wird: Es erscheint fraglich, ob der Leser überhaupt bis zum Ende dieses Textes vordringt."

Bewertung:

Die Entscheidung reiht sich in eine ganze Reihe von neueren Entscheidungen in Bezug auf Sternchenhinweise im Internet ein. Diese waren - vornehmlich in Zusammenhang mit sog. Internetvertragsfallen - in den vergangenen zwei Jahren massiv kritisiert worden. Auch im Rahmen der „Vertragsfalle" wird über die Gestaltung der Internetseite oftmals der Eindruck eines „kostenfreien" Angebotes erweckt. Dieser Eindruck wird sodann über Sternchenhinweise am Ende der Internetseite aufgelöst und es werden z.T. horrende Gebühren verlangt (OLG Frankfurt a. M., Urteil vom 04.12.2008 - 6 U 186/07 - Abo-Falle im Internet). Wie im Bereich der Vertragsfallen bereits das OLG Frankfurt urteilt nun auch das LG Hamburg zu Gunsten der Verbraucher und für eine deutliche Preisgestaltung. Das LG zieht dabei die Grenze der Anforderungen an Preisangaben ebenso restriktiv, wie das OLG Frankfurt a.M. Damit verdichtet sich die Annahme, dass ein Sternchenhinweis am Ende einer Internetseite die Anforderung an eine dem Angebot oder der Werbung eindeutig zuordenbare sowie leicht erkennbare und deutlich lesbare oder sonst gut wahrnehmbar Preisinformation nicht erfüllt. Jeder, der mit Sternchenhinweisen arbeitet oder arbeiten will sollte sein Angebot daher kritisch unter die Lupe nehmen.

Dr. Robert Kazemi

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