29
Mai 2012

EuGH: Kein Markenschutz für den Goldhasen

Bereits im Jahre 2004 meldete die Lindt & Sprüngli AG beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (HABM) ein dreidimensionales Zeichen in Form eines Schokoladenhasen mit rotem Band als Gemeinschaftsmarke an: Der allseits bekannte "Goldhase", der seitdem alljährlich Kinder- und Erwachsenenherzen zu Ostern erfreut. Das HABM wies die Anmeldung zurück und begründete dies insbesondere damit, dass die angemeldete Marke keine Unterscheidungskraft habe. Lindt erhob gegen diese Entscheidung Klage beim Europäischen Gerichtshof (EuGH), der das Rechtsmitteln mit Urteil vom 24.05.2012 (EuGH, Urteil in der Rechtssache C-98/11 P Chocoladefabriken Lindt & Sprüngli AG / HABM) nunmehr zurückwies. Der Goldhase genießt damit endgültig keinen Markenschutz.

Die Entscheidung:

Gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94 sind Marken, die keine Unterscheidungskraft haben, von der Eintragung ausgeschlossen. Nach ständiger Rechtsprechung ist die Unterscheidungskraft einer Marke im Sinne dieser Bestimmung zum einen im Hinblick auf die Waren oder Dienstleistungen, für die sie angemeldet worden ist, und zum anderen im Hinblick auf die Anschauung der maßgeblichen Verkehrskreise zu beurteilen. Nur eine Marke, die erheblich von der Norm oder der Branchenüblichkeit abweicht und deshalb ihre wesentliche herkunftskennzeichnende Funktion erfüllt, besitzt auch Unterscheidungskraft im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 40/94.

Vor diesem Hintergrund besitzt keines der "wesentlichen Besonderheiten" der hier zu beurteilenden Dreidimensionalen Marke,also die Form eines sitzenden Hasen, die Goldfolie, in die der Schokoladenhase eingepackt ist, und das rote Plisseeband, an dem ein Glöckchen befestigt ist, markenrechtiche Unterscheidungskraft.Zum gleichen Ergebnis gelangt auch eine Betrachtung des von der Marke hervorgerufenen Gesamteindrucks.

Was als Erstes die Form eines sitzenden oder kauernden Hasen betrifft, sei festzustellen, dass Hasen zum typischen Formenschatz von Schokolade und Schokoladewaren, vor allem um die Osterzeit. Auch die Verwendung von Goldfolie für Schokoladenosterhasen sei marktüblich.

Nach Art. 7 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94 steht das absolute Eintragungshindernis des Art. 7 Abs. 1 Buchst. b dieser Verordnung der Eintragung einer Marke nicht entgegen, wenn diese für die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, infolge ihrer Benutzung Unterscheidungskraft erlangt hat.

Der Gerichtshof hat bereits entschieden, dass eine Marke nach Art. 7 Abs. 3 der Verordnung Nr. 40/94 nur zur Eintragung zugelassen werden kann, wenn der Nachweis erbracht ist, dass sie durch ihre Benutzung Unterscheidungskraft in dem Teil der Union erworben hat, in dem sie keine originäre Unterscheidungskraft besaß.

In Anwendung dieser Rechtsprechung ist das Gericht in Randnr. 69 des angefochtenen Urteils zu dem Ergebnis gelangt, dass die angemeldete Marke in der gesamten Union Unterscheidungskraft durch Benutzung erlangt haben müsse. Dem haftet kein Rechtsfehler an, da, wie sich aus einer Zusammenschau der Randnrn. 51 und 68 des angefochtenen Urteils ergibt, die Klägerin nicht dartun konnte, dass dieser Marke von Haus aus Unterscheidungskraft zukommt, und diese Feststellung für das gesamte Unionsgebiet galt. Deshalb kann dem Vorbringen der Rechtsmittelführerin samt den von ihr dafür vorgelegten statistischen Daten nicht gefolgt werden, wonach die angemeldete Marke in 15 Mitgliedstaaten originäre Unterscheidungskraft habe und daher in diesen Staaten nicht zu fordern wäre, dass sie infolge Benutzung Unterscheidungskraft erlangt habe.

Zum Vorbringen der Rechtsmittelführerin, dass aufgrund der Einheitlichkeit der Gemeinschaftsmarke bei der Beurteilung der Frage, ob eine Marke Unterscheidungskraft durch Benutzung erlangt habe, nicht auf die einzelnen nationalen Märkte abzustellen sei, ist festzustellen, dass zwar nach der oben in Randnr. 60 angeführten Rechtsprechung der infolge Benutzung erfolgte Erwerb von Unterscheidungskraft durch eine Marke für den Teil der Union nachgewiesen werden muss, in dem die Marke keine originäre Unterscheidungskraft besaß, es aber zu weit ginge, zu verlangen, dass der Nachweis eines solchen Erwerbs für jeden Mitgliedstaat einzeln erbracht werden muss.

Bewertung:

Die Entscheidung des EuGH ist folgerichtigt und konsequent; sie berücksichtigt in hinreichendem Maße, dass das Markenrecht eine Monopolisierung brachenüblicher Gestaltungen zu Gunsten eines Unternehmens entgegenwirken muss. Insoweit war mit Blick auf die Unterscheidungskraft sicherlich auf die Marktgepflogenheiten abzustellen und zu berücksichtigten, dass ein Schokoladenhase in der Osterzeit - ähnlich wie der Nikolaus zu Weihnachten - eine übliche Schokoladenform darstellt. Dass sich hieran allein auf Grund seiner Ummantelung mit einer Goldfolie etwas ändern sollte, ist nicht ersichtlich.

Dr. Robert Kazemi

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