16
Nov 2009

BVerwG: MacDent die Zweite – Kein Verbot der Aufnahme des LOGOS auf das Praxisschild

Vor einigen Wochen berichteten wir erstmals über eine höchstrichterliche Entscheidung in Sachen MacDent, damals hatte der Bundegerichtshof (BGH) die Werbestrategien des „Qualitätsverbundes" weitestgehend als zulässig gebilligt, diesem Trend schließt sich nunmehr auch das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in einem aktuellen Urteil an (BVerwG, Urteil vom 24.09.2009 -  3 C 4/09); das BVerwG billigt die Verwendung eines grafisch gestaltetes Wortzeichen (Logo) neben dem Praxisschild.

Seit dem Jahr 2002 verwendete eine zahnärztliche Gemeinschaftspraxis als Zusatz zum Praxisschild und im Geschäftsverkehr ein grafisch gestaltetes Wortzeichen (Logo) in der Form eines Qualitätssiegels. Es bestand aus dem Schriftzug „MacDent" auf blauem Untergrund, umrandet von dem rot unterlegten Schriftzug „Geprüfte Qualitätsstandards". Unter dem Logo war die Internetadresse „www.MacDent.de" angegeben. Vertreiber des Logos ist das Franchise-Unternehmen „MacDent" (jetzt: TruDent), das eine Art Qualitätsmanagment-System für Zahnarztpraxen anbietet. Die teilnehmenden Zahnärzte unterwerfen sich bestimmten Vorgaben im Bereich Fortbildung, Behandlungsstandards, Praxisführung, Garantieleistungen bei Zahnersatz und Schlichtungsverfahren. Im Gegenzug dürfen sie das Logo verwenden.

Die Zahnärztekammer sah in der Verwendung des Logos eine berufswidrige Werbung, die sie den Zahnärzten untersagte. Verwaltungsgericht und Oberverwaltungsgericht haben den Standpunkt der Zahnärztekammer bestätigt. Das Logo sei irreführend, weil es eine bestimmte Behandlungsqualität suggeriere. Außerdem sei es eine unzulässige Fremdwerbung für das Franchise-Unternehmen.

Die sich hiergegen richtende Revision zum BVerwG hatte Erfolg.

In den Urteilsgründen heißt es:

„Es verstößt aber gegen Art. 12 Abs. 1 GG, den Klägern gestützt auf diese Vorschriften die Verwendung des streitigen Logos im Geschäftsverkehr zu verbieten, weil kein Gemeinwohlbelang erkennbar ist, der die Beschränkung der Berufsfreiheit rechtfertigen könnte. [...]

Für interessengerechte und sachangemessene Informationen, die keinen Irrtum erregen, muss im rechtlichen und geschäftlichen Verkehr jedoch Raum bleiben. Nach diesem Maßstab war das Werbeverbot rechtswidrig. Der Hinweis auf geprüfte Qualitätsstandards in Form des hier verwendeten Logos ist eine sachangemessene Information des Publikums, die keinen Irrtum erregt [...]

a) Dem Logo kann eine Vermittlung sachlicher Informationen nicht deshalb abgesprochen werden, weil es nur schlagwortartige Angaben enthält und für weitere Informationen auf die angegebene Internetadresse des Franchise-Unternehmens verweist. Die dortigen Informationen sind ein Teil der Werbung; sie stehen in einem gewollten Zusammenhang mit dem Logo und können deshalb bei der Beurteilung, ob die Werbung zu Irrtümern und einer Verunsicherung der Patienten führt, nicht ausgeblendet werden. Das Herausstellen der Hauptinformation durch eine prägnante Kurzangabe oder ein Schlagwort, verbunden mit einem Verweis auf leicht zugängliche weiterführende Informationen, ist ein probates Mittel, um über Umstände zu unterrichten, die in ihrer Gesamtheit auf der ersten Kontaktebene - etwa dem Praxisschild - nicht dargestellt werden können. Gerade das Praxisschild hat weiterhin eine hohe Bedeutung für den Erstkontakt zum Patienten (dazu Urteil vom 5. April 2001 a.a.O.). Ein Verbot schlagwortartiger Hinweise auf Praxisbesonderheiten wie die Beachtung bestimmter Qualitätsstandards würde die Informationsmöglichkeiten erheblich einschränken, obwohl von dieser Art der Informationsdarbietung greifbare Gefahren für die Volksgesundheit nicht ausgehen (vgl. BGH, Urteil vom 26. Februar 2009 - I ZR 222/06 - juris Rn. 14). Gerade Hinweise auf die Einhaltung bestimmter Qualitätsanforderungen bei Waren oder Dienstleistungen erfolgen verbreitet in Form von Logos und Gütesiegeln. Das gilt auch für Hinweise auf Qualitätsmanagementsysteme und ihre Zertifizierung. Diese Methode der Information ist den Verbrauchern bzw. Patienten geläufig. Sie kann nicht deshalb verunsichern, weil die Ankündigung noch nicht erschöpfend über alle Details unterrichtet, sondern dafür auf eine weitere Informationsebene verweist.

Als schlagwortartige Information ist das Logo nicht zu beanstanden. Ihm lässt sich die Aussage entnehmen, dass die Zahnarztpraxis bestimmte, nicht näher bezeichnete Qualitätsstandards einhält und deren Einhaltung überprüfen lässt. Diese Angaben weisen darauf hin, dass die Zahnarztpraxis überhaupt eine Form der Qualitätssicherung betreibt, über deren nähere Ausgestaltung die Patienten sich bei Interesse genauer unterrichten können. [...]

Anhaltspunkte dafür, dass die angekündigten Standards in Wirklichkeit nicht beachtet würden, bestehen nicht [..] Die Standards, auf die die Kläger mit dem Logo verwiesen haben, konnten ohne Irreführung der Patienten als „Qualitätsstandards" bezeichnet werden. [...]

Die von den Klägern beworbenen Standards sind in wesentlichen Teilen über das gesetzlich Geforderte hinausgegangen. Schon deshalb ist ihre schlagwortartige Ankündigung als Qualitätsstandards berechtigt. Das betrifft zunächst die sechsjährige Qualitätsgarantie auf Zahnersatz (statt nur zwei Jahre gemäß § 137 Abs. 4 Satz 3 SGB V), ein für die Zahnarztpraxis bindendes Schlichtungsverfahren sowie das Maß an einrichtungsinternem Qualitätsmanagement. [...]

Die Behandlungs- und Untersuchungsstandards der Kläger konnten gleichfalls als Qualitätsstandards bezeichnet werden, ohne dadurch falsche Erwartungen zu wecken. Nach den Angaben des Franchise-Unternehmens, auf die die Kläger mit dem Logo verweisen, sollen den Patienten im Rahmen der Erstuntersuchung und der Prophylaxebetreuung näher bezeichnete Beratungen und Untersuchungen angeboten werden, die über die regelmäßigen Kassenleistungen hinausgehen, wobei jeder Patient eine ausführliche Beratung über den Umfang der Kassenleistungen erhält. Der Unterschied besteht also im Wesentlichen darin, dass die Kläger die Behandlung nicht an den Restriktionen des Wirtschaftlichkeitsgebotes (§ 12 SGB V) ausrichten [...]

Ferner lag keine Irreführung des Publikums darin, die Qualitätsstandards als „geprüft" anzukündigen. Die Ankündigung weist zutreffend darauf hin, dass die Einhaltung der Standards durch einen Dritten kontrolliert wird. Dass es sich dabei nicht um eine Kontrolle durch die Kassenärztliche Vereinigung, die Beklagte oder sonst eine öffentliche Stelle handelt, wird bereits durch den im Logo angegebenen Namen des Franchise-Unternehmens verdeutlicht, der weit davon entfernt ist, einen „amtlichen" Eindruck zu erwecken. Die Art und Weise der Kontrolle wird außerdem in den Angaben des Franchise-Unternehmens, auf die mit dem Logo verwiesen wird, eindeutig beschrieben. Sowohl die verpflichtende Zertifizierung des Qualitätsmanagementsystems durch eine externe Stelle als auch die vertraglich vereinbarte jährliche Kontrolle der Einhaltung der übrigen Standards durch Zahnärzte des Franchise-Unternehmens ist eine Überprüfung der Zahnarztpraxis der Kläger durch einen Dritten. [...]

Der Hinweis der Beklagten auf die ihr übertragenen Aufgaben im Bereich der Qualitätssicherung führt nicht weiter. Die Heilberufskammern haben nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 HeilberG NRW unter anderem die Aufgabe, die Qualitätssicherung im Gesundheitswesen zu fördern und zu betreiben - insbesondere Zertifizierungen vorzunehmen - und mit den Beteiligten abzustimmen. Daraus ergibt sich aber keine ausschließliche Kompetenz der Kammern, Maßnahmen zur Qualitätssicherung zu entwickeln und ihre Einführung zu überprüfen. Ein solches Verständnis der Vorschrift kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil es gegen Bundesrecht verstoßen würde. Den Ärzten ist im System der gesetzlichen Krankenkassen gerade freigestellt, wie sie bestimmte Maßnahmen zur Qualitätssicherung umsetzen. Wie erwähnt, steht es ihnen frei, ein einrichtungsinternes Qualitätsmanagement selbst zu entwickeln oder ein auf dem Markt angebotenes System eines öffentlichen oder privaten Anbieters zu übernehmen. Soweit die Kammern eigene Systeme entwickeln, sind sie nur Anbieter neben anderen. Gleiches gilt für die Zertifizierung solcher Systeme; auch hier besteht nicht etwa ein Vorbehalt zugunsten öffentlich-rechtlicher Stellen und erst Recht kein Monopol der Heilberufskammern. Zertifizierungen von Qualitätsmanagementsystemen dürfen auch von privatrechtlich organisierten Konformitätsbewertungsstellen vergeben werden. [...]

Allerdings müssen die Selbstangaben einer Zahnarztpraxis für die Beklagte überprüfbar bleiben, um ihrem berechtigten Interesse an Qualitätssicherung Rechnung zu tragen. Das Maß an Einschränkungen der Berufsausübungsfreiheit, das die Zahnärzte insoweit hinzunehmen haben, muss zu einem angemessenen Interessenausgleich auch für die Kammern führen und darf diese nicht übermäßig belasten (BVerfG, Kammerbeschluss vom 23. Juli 2001 - 1 BvR 873/00 und 1 BvR 874/00 - NJW 2001, 2788 <2790>). Eine solche Gefahr besteht aber bei der hier in Rede stehenden Ankündigung geprüfter Qualitätsstandards nicht; sie wird auch von der Beklagten nicht geltend gemacht. Die mit den Qualitätsstandards versprochene Praxisführung nach einem zertifizierten Qualitätsmanagementsystem kann unproblematisch anhand des Zertifikats überprüft werden. Zur Überprüfung der übrigen Qualitätsstandards dürfte, sofern Zweifel an ihrer Einhaltung aufkommen, grundsätzlich die Vorlage einer Dokumentation der Maßnahmen ausreichen.

[...]

Die Untersagungsverfügung konnte schließlich nicht auf das sog. Fremdwerbungsverbot gestützt werden. Nach § 21 Abs. 5 der Berufsordnung der Beklagten ist es dem Zahnarzt untersagt, seine zahnärztliche Berufsbezeichnung für gewerbliche Zwecke zu verwenden oder ihre Verwendung für gewerbliche Zwecke zu gestatten. Die Fremdwerbung eines Arztes ist im Regelfall Ausdruck eines rein geschäftsmäßigen, am Gewinn orientierten Verhaltens und birgt daher die Gefahr in sich, das Vertrauen des Patienten in den Arztberuf zu untergraben und dadurch langfristig negative Rückwirkungen auf die medizinische Versorgung der Bevölkerung zu haben (BVerfG, Beschlüsse vom 11. Februar 1992 - 1 BvR 1531/90 - BVerfGE 85, 248 <261>; Kammerbeschluss vom 26. August 2003 - 1 BvR 1003/02 - NJW 2003, 3470 <3470 f.>).

Dieser Schutzzweck wird durch die hier verwendete Werbung nicht berührt. Es ist offensichtlich, dass die Kläger mit der Verwendung des Logos, das den Namen des Franchise-Unternehmens trägt, nicht für jenes Unternehmen werben wollen, sondern für die eigene Praxis. Der Name steht für ein bestimmtes Qualitätssicherungskonzept, über das die Patienten informiert werden sollen. Durch die Nennung des Unternehmens wird der Urheber und Kontrolleur der Qualitätsstandards gerade offengelegt. Die Beklagte kann nicht einerseits einen unzureichenden Informationsgehalt des Logos bemängeln und andererseits die das wohlverstandene Informationsbedürfnis der Patienten befriedigende Mitteilung des hinter den Qualitätsstandards stehenden Unternehmens als unzulässige Fremdwerbung einordnen."

Dr. Robert Kazemi

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