14
Mär 2010

BVerfG: Keine Gefahr der „Erdzerstörung“ durch Versuchsreihen am „CERN“

Nicht immer wird das BVerfG mit grundlegenden Rechtsfragen befasst, auch mystische Ängste sind zuweilen Gegenstand seiner Entscheidungen. So auch in einer aktuellen - nicht zur Entscheidung in der Sache angenommenen - Verfassungsbeschwerdeverfahren einer in der Schweiz lebenden Deutschen, die in den Versuchsreihen der Organisation Européenne pour la Recherche Nucléaire - CERN mit sog. „Schwarzen Löchern" eine Gefahr der Erdzerstörung sah und die Bundesrepublik daher verpflichten wollte, diese Versuchsreihen sofort einzustellen (Beschluss vom 18. Februar 2010 - 2 BvR 2502/08).

Die Beschwerdeführerin rügt mit ihrer Verfassungsbeschwerde insbesondere eine Verletzung ihres Grundrechts aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG. Die Bundesrepublik Deutschland sei wegen ihrer Beteiligung an "CERN" von Verfassungs wegen verpflichtet, auf diese Organisation einzuwirken, um die bei der Versuchsreihe eingesetzte Energie auf ein unbedenkliches Maß zu beschränken. Dies gelte jedenfalls solange, wie die Warnung, die Erde könne zerstört werden, nicht empirisch widerlegt sei.

Die 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat diese Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen. Sie ist unzulässig, weil die Beschwerdeführerin nicht substantiiert darlegt,  dass sie durch die ablehnenden Gerichtsentscheidungen in ihrem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG verletzt ist. Ein schlüssiger  Vortrag der Beschwerdeführerin, der von ihr befürchtete Schaden werde eintreten, fehlt, so das Gericht. Für die Darlegung der Möglichkeit eines solchen  Schadenseintritts genügt es insbesondere nicht, Warnungen auf ein  generelles Misstrauen gegenüber physikalischen Gesetzen, also gegenüber theoretischen Aussagen der modernen Naturwissenschaft zu stützen. Praktisch vernünftige Zweifel setzen wenigstens die Auseinandersetzung  mit Gegenbeispielen, also Widerlegungsversuchen der jeweiligen Aussagen  voraus. Namentlich im Bereich der theoretisch weit fortgeschrittenen  Naturwissenschaften erfordern vernünftige Zweifel zudem ein hinreichendes fachliches Argumentationsniveau. Dabei kann man sich nicht wie die Beschwerdeführerin auf solche Hilfserwägungen beschränken, die ihrerseits mit dem bewährten, anerkannten Hintergrundwissen des jeweiligen Faches in Widerspruch stehen und nach ihrem eigenen Vortrag bislang weder wissenschaftlich publiziert, noch auch nur in Umrissen theoretisch ausgearbeitet sind.

Ebenso wenig reicht es für einen schlüssigen Vortrag aus, dass die Beschwerdeführerin Schadensereignisse als mögliche Folge der Versuchsreihe ankündigt und diese Ankündigung damit zu begründen sucht, dass sich die Gefährlichkeit der Versuchsreihe eben in den von ihr für möglich gehaltenen Schadensereignissen manifestiere. Ein solches Vorgehen hinzunehmen hieße, Strategien zu ermöglichen, beliebige Forschungsanliegen durch entsprechend projektspezifische Warnungen zu Fall zu bringen.

Die Größe eines vermeintlichen Schadens hier die Vernichtung der Erde erlaubt keinen Verzicht auf die Darlegung, dass ein wenigstens hypothetisch denkbarer Zusammenhang zwischen der Versuchsreihe und dem Schadensereignis besteht.

Die Versuche gehen also weiter, wollen wir hoffen, dass die Klägerin jetzt nicht ihrerseits in ein schwarzen Loch fällt und hoffentlich mit Ihren Ängsten schlussendlich nicht doch noch Recht behält.

Dr. Robert Kazemi

Zurück