05
Jul 2009

BSG: Steuerklassenwechsel mit dem Ziel der Erlangung höheren Elterngelds ist zulässig

Seit 1. Januar 2007 gilt es nun, das „Gesetz zum Elterngeld und zur Elternzeit (Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz - BEEG)". Nach den Bestimmungen dieses Gesetzes, mit dem nach dem Willen des Gesetzgebers die Familienförderung vorangetrieben werden soll, fängt das Elterngeld einen Einkommenswegfall nach der Geburt des Kindes auf. Es beträgt 67 Prozent des durchschnittlich nach Abzug von Steuern, Sozialabgaben und Werbungskosten vor der Geburt monatlich verfügbaren laufenden Erwerbseinkommens (Nettoeinkommen), höchstens jedoch 1.800 Euro und mindestens 300 Euro. Das Elterngeld wird an Vater und Mutter für maximal 14 Monate gezahlt; beide können den Zeitraum frei untereinander aufteilen. Ein Elternteil kann dabei höchstens zwölf Monate für sich in Anspruch nehmen, zwei weitere Monate gibt es, wenn in dieser Zeit Erwerbseinkommen wegfällt und sich der Partner an der Betreuung des Kindes beteiligt.

Aufgrund der beschriebenen Relevanz des durchschnittlichen Nettoeinkommens suchten viele verheiratete Eltern den Elterngeldanspruch des beantragenden Ehegatten dadurch „künstlich" zu erhöhen, dass derjenige Ehepartner, der das Elterngeld die meiste Zeit über beantragen will, in die günstigere Steuerklasse wechselte. Bis vor kurzem bewegten sich Eltern, die diese „Elterngeldoptimierung" vollzogen, in einer Grauzone. Unter Umständen erkannte die zuständige Elterngeldstelle den Wechsel in die Steuerklasse III nicht an und berechnete das Nettogehalt auf der Grundlage der vorher - also vor Bekanntwerden der Schwangerschaft - gültigen Steuerklassenwahl. Denn das Bundesministerium für Familie wies auf seinen Internetseiten darauf hin, dass der steuerlich zwar zulässige Steuerklassenwechsel beim Elterngeld ausdrücklich nicht berücksichtigt werden sollte, wenn er ausschließlich dazu diente, den Anspruch auf Elterngeld zu erhöhen. Es wurde dann von einem rechtsmissbräuchlichen Wechsel ausgegangen.

Diese Auffassung des Familienministeriums teilt das Bundessozialgericht (BSG) nicht. Mit Urteil vom 25. Juni 2009 entschied das Gericht in zwei Fällen, dass der von den verheirateten Klägerinnen während ihrer jeweiligen Schwangerschaft veranlasste Wechsel der Lohnsteuerklasse bei der Bemessung des Elterngeldes zu berücksichtigen sei.

In der Pressemitteilung des Gerichts heißt es:

„Entgegen der Auffassung des beklagten Freistaates ist das Verhalten der Klägerinnen nicht als rechtsethisch verwerflich und damit als rechtsmissbräuchlich anzusehen. Der Steuerklassenwechsel war nach dem Einkommensteuergesetz erlaubt. Seine Berücksichtigung ist durch Vorschriften des Bundeselterngeld- und Erziehungszeitengesetzes (BEEG) weder ausgeschlossen noch sonst wie beschränkt. Nach dem erkennbaren Schutzzweck des BEEG lässt sich ein Missbrauchsvorwurf nicht hinreichend begründen. Die Möglichkeit eines derartigen Steuerklassenwechsels ist im Gesetzgebungsverfahren erörtert worden, ohne dass dabei von Rechtsmissbrauch die Rede war. Trotz der inzwischen in mehreren Bundesländern anhängigen Rechtsstreitigkeiten, die erstinstanzlich teilweise zu Lasten der Ver­waltung ausgegangen sind, ist auch im Rahmen des Ersten Gesetzes zur Änderung des BEEG auf eine begrenzende Regelung verzichtet worden."

Ehepaare haben damit auch bei bestehender Schwangerschaft zukünftig weiterhin die Möglichkeit des Steuerklassenwechsels. Betrachtet man nur das Elterngeld, ist es also sinnvoll, dass derjenige, der das Elterngeld beantragen will, in die günstige Steuerklasse III wechselt. Sollte der Partner dadurch mehr Steuern zahlen müssen, macht das nichts, denn schließlich kann er zu viel gezahlte Steuern später über die Einkommensteuererklärung zurückholen.

Dr. Robert Kazemi

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