19
Mai 2009

BSG: Langjährig Selbstständige unter Umständen nicht zur Auflösung ihrer Lebensversicherung im Falle des Bezuges von ALG-II verpflichtet

Wie der 14. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) mitteilt, hat sich dieser  in einem Urteil vom 7. Mai 2009 (B 14 AS 35/08 R) mit der Frage beschäftigt, ob bei lang­jährig Selbständigen eine Pflicht zur Verwertung von Lebensversicherungen wegen Vorliegens eines Härtefalls ausscheiden kann, wenn eine Kumulation von Umständen vorliegt. Das BSG sah dies als nicht ausgeschlossen an und hob ein gegenteiliges Urteil des Landessozialgerichts auf.

"Um feststellen zu können, ob die geforderte Verwertung der Lebensversicherungen der Klägerin für diese eine besondere Härte im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr  6 2. Alternative SGB II bedeuten würde, wird das Landessozialgericht zu ermitteln haben, inwieweit bei der Klägerin eine Versorgungs­lücke be­steht. Dies liegt bereits deshalb nahe, weil die Klägerin bei Vollendung des 65. Lebensjahres nur mit einer monatlichen Rente aus der gesetz­lichen Rentenversicherung in Höhe von 257,10 Euro rechnen kann. Hierbei wird auch zu ermitteln sein, über welches Restleistungsvermögen die Klägerin verfügt. Ihr wurde ein GdB von 50 zuerkannt. Das Bundessozialgericht geht dabei davon aus, dass die Rest­leistungsfähigkeit auch Indiz dafür sein kann, inwiefern die Klägerin überhaupt noch in der Lage sein wird, eine neue, zusätzliche Rentenanwartschaft durch Erwerbstätigkeit aufzubauen. Gegebenenfalls wird auch zu berücksichtigen sein, aus welchem Grund und für welche Dauer der Klägerin Berufs­unfähig­keitsrenten gewährt werden, sowie über welche Berufsausbildungen und Fertigkeiten die Klägerin verfügt. Das Landessozialgericht wird auch zu berück­sichtigen haben, dass die besondere Härte im Sinne dieser Regelung möglicherweise noch nicht zu Beginn des Bewilligungszeitraums vorlag, als die Klägerin 55 Jahre alt war, gegebenenfalls aber später im Verlauf des Rechtsstreits ein­getreten sein könnte." heisst es in der aktuellen Mitteilung des BSG (Medieninformation Nr. 17/09 des Bundessozialgerichts vom 07. Mai 2009)

Insgesamt eine erfreuliche Entscheidung des BSG, die der rigorosen Praxis der ARGEn, die vehement die Auflösung von Lebensversicherungen fordern, bevor sie eine Unterstützungsleitung überhaupt in Betracht ziehen. Dass dies nicht immer als "gerecht" empfunden wird, liegt auf der Hand. Selbstständige, die sich über eine kapitalbildende Lebensversicherung für das Alter abzusichern suchen, sollten sie, in einer der Klägerin des hiesigen Verfahrens vergleichbare Siutation geraten, daher in jedem Fall anwaltlichen Rat einholen, bevor sie vorschnell ihre Altersversorgung aufkündigen.

Dr. Robert Kazemi

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