21
Feb 2013

Borussen-Flagge im Vorgarten - Hinnehmbare Fanbekundung oder unzulässige Werbung im Wohngebiet?

Zugegeben, der Unterzeichner ist latent befangen, wenn es um die Berichtersattung zu einem demnächst vom VG Arnsberg zu entscheidenden Fall geht, liegen seine Sympathien doch ersichtlich 35km weiter westlich und sind eher blau-weiß, als schwarz-gelb. Dennoch, vielleicht geht es zu weit, Fanflaggen aus dem Vorgarten zu verbannen. Interessant ist der Fall gleichwohl. Unter anderem die dpa berichtet heute dass das VG Arnsberg demnächst zu klären habe, ob eine Fahne des Fußball-Bundesligisten Borussia Dortmund im Vorgarten eines Wohnhauses verbotene Werbung ist. Ein Mann aus NRW will mit dieser Wertung seinen Nachbarn zur Entfernung eines Fahnenmastes zwingen. Ob es sich bei dem Kläger um einen Schalker handelt ist unklar.

Gleichwohl, ganz Aussichtslos scheint die Klage nicht und zwar unabhängig davon, welchem Verein die Richter am Wochenende die Daumen drücken. Hintergrund des Rechtsstreits ist nämlich nicht die Fanfreude an sich, sondern sind die Vorgaben des deutschen Bau und Bauordnungsrechts. Dieses Regelt nämlich die Anbringung sog. Werbeanagen. Hierunter fallen alle ortsfesten Einrichtungen, die der Ankündigung oder Anpreisung oder als Hinweis auf Gewerbe oder Beruf dienen und vom öffentlichen Verkehrsraum aus sichtbar sind. Hierzu zählen insbesondere Schilder, Beschriftungen, Bemalungen, Lichtwerbungen, Schaukästen sowie für Zettel- und Bogenanschläge oder Lichtwerbung bestimmte Säulen, Tafeln und Flächen (vgl. § 13 BauO NRW).

Bei dem streitgegenständlichen Fahnenmast könnte es sich um eine bauliche Anlage i.S.d. § 2 Abs. 1 BauO NRW handeln, deren Errichtung nach § 63 Abs. 1 BauO NRW baugenehmigungsbedürftig ist. Nach § 75 Abs. 1 Satz 1 BauO NRW ist die Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Vorhaben öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen. Das ist könnte vorliegend jedoch der Fall sein. Denn, die Errichtung von Werbeanlagen, deren Aufstellungsort in einem allgemeinen Wohngebiet liegt, ist bauplanungs- und bauordnungsrechtlich unzulässig.

Der Fahnenmast mit der Borussia-Beflaggung könnte dem Anwendungsbereich der Landesbauordnung Nordrhein-Westfalen unterliegen. Nach § 1 Abs. 1 BauO NRW gilt dieses Gesetz für bauliche Anlagen und Bauprodukte. Es gilt auch für Grundstücke sowie für andere Anlagen und Einrichtungen, an die in diesem Gesetz oder in Vorschriften aufgrund dieses Gesetzes Anforderungen gestellt werden. Bei dem Fahnenmast müsste es sich dann einerseits um eine bauliche Anlage nach § 2 Abs. 1 BauO NRW handel, was der Fall ist, wenn er mit dem Erdboden verbunden und aus Bauprodukten hergestellt ist. Bauprodukte sind auch aus Baustoffen und Bauprodukten vorgefertigte Anlagen, die hergestellt werden, um mit dem Erdboden verbunden zu werden (§ 2 Abs. 9 Nr. 2 BauO NRW). Andererseits müsste es sich bei dem Fahnenmast um eine Werbeanlage handlen, was dann der Fall wäre, wenn er der Ankündigung oder Anpreisung dient und vom öffentlichen Verkehrsraum aus sichtbar ist.

Fraglich ist dabei in erster Linie, ob es sich bei dem mit der Flagge des Bundesligisten versehenenen Fahnenmast um eine Fremdwerbung handelt. Der Kläger argumentiert hier nach Angaben der dpa maßgeblich mit dem Umstand, dass es sich beim BVB um eine börsennotierte Aktiengesellschaft handelt, deren "Leistungen" mit der Flagge beworben werden sollen. Werbeanlagen die Fremdwerbung zum Gegenstand haben, stellen bauplanerisch eine eigenständige "Hauptnutzung" dar und sind im einem allgemeinen Wohngebiet, nur unter engen Voraussetzungen zulässig (§ 4 BauNVO). Nach § 4 Abs. 2 BauNVO ist eine gewerbliche Nutzung nicht allgemein, sondern nur in den Fällen des § 4 Abs. 2 Nr. 2 BauNVO (- die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störende Handwerksbetriebe -) zulässig. Sollte es sich bei der Beflaggung um Werbung handeln, wäre sie mtihin unzulässig. Das Bundesverwaltungsgericht geht insoweit davon aus, dass Fremdwerbung im reinen Wohngebiet ausnahmslos und im allgemeinen Wohngebiet regelmäßig ausgeschlossen ist.

Es wird also darauf ankommen, ob es sich tatsächlich um Werbung handelt, wenn ja, wird der Charakter des Wohngebietes eine entscheidende Rolle spielen und kann sich eine "Ausnahmegenehmigung" nur dann stellen, wenn es sich nicht um ein reines sondern ein allgemeines Wohngebiet handelt. Im Interesse der Fankultur bleibt jedoch zu hoffen, dass das Gericht einen solchen Ausnahmetatbestand als gegeben ansehen wird.

Wir werden berichten.

Dr. Robert Kazemi

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