14
Mär 2010

BGH: Zu den Anforderungen an die Aktualität von Preisangaben in Preissuchmaschinen

Wer sucht heutzutage nicht im Internet nach dem günstigsten Preis für ein Produkt und sucht so danach, sich vor dem Kauf einen guten Überblick über die Marktsituation zu verschaffen? Eine beliebte Hilfe hierfür sind sog. Preissuchmaschinen wie „guenstiger.de", das „Google Merchant Center" oder „idealo.de", die Angebote verschiedener Händler zu einem bestimmten Produkt gegenüberstellen und so - meist versehen mit einer Händlerbewertung - den günstigsten Produktanbieter ermitteln.

Leider kommt es dabei immer wieder einmal vor, dass der in der Preissuchmaschine ausgewiesene Produktpreis zwischenzeitlich nicht (mehr) stimmt oder aber das entsprechende Produkt überhaupt nicht mehr angeboten wird. Dies erkennt der Nutzer jedoch erst, wenn er über den in der Preissuchmaschine genannten Link auf dem Internetangebot des (vermeintlich) günstigsten Anbieters gelandet ist. Dies ist ärgerlich und kann nach einem aktuellen Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) zugleich wettbewerbswidrig sein (BGH, Urteil vom 11. März 2010 - I ZR 123/08).

Mit vorgenanntem Urteil hat der BGH entschieden, dass ein Händler, der für sein Angebot über eine Preissuchmaschine wirbt, wegen Irreführung in Anspruch genommen werden kann, wenn eine von ihm vorgenommene Preiserhöhung verspätet in der Preissuchmaschine angezeigt wird.

Der Fall:

Der spätere Beklagte bot eine Espressomaschine der Marke Saeco über die Preissuchmaschine idealo.de an. Versandhändler übermitteln dem Betreiber dieser Suchmaschine die Daten der von ihnen angebotenen Produkte einschließlich der Preise. Die Suchmaschine ordnet diese Angaben in Preisranglisten ein. Die Preisgünstigkeit der Angebote bestimmt die Reihenfolge, in der die Anbieter in den Ranglisten genannt werden. Der Beklagte stand mit dem von ihm geforderten Preis von 550 € unter 45 Angeboten an erster Stelle, und zwar auch noch um 20 Uhr, obwohl er den Preis für die Espressomaschine drei Stunden zuvor auf 587 € heraufgesetzt hatte. Der Beklagte hatte idealo.de die Preisänderung zwar in dem Moment mitgeteilt, in dem er selbst den Preis auf seiner Internetseite heraufgesetzt hat. Derartige Änderungen werden dort aber nicht sofort, sondern erst zeitlich verzögert angezeigt.

Ein Mitbewerber sah hierin eine irreführende Werbung des Beklagten und nahm diesen auf Unterlassung, Feststellung der Schadensersatzpflicht und Auskunft in Anspruch. Während das Landgericht Berlin die Klage noch abgewiesen hatte, folgte das Kammergericht der Auffassung des Wettbewerbers und verurteilte den Beklagten antragsgemäß. Der BGH hat diese Entscheidung des Kammergerichtes nun bestätigt.

Die Entscheidung:

In der Pressemitteilung des Gerichts heißt es zur Begründung:

„Der durchschnittlich informierte Nutzer eines Preisvergleichsportals verbindet mit den ihm dort präsentierten Informationsangeboten regelmäßig die Erwartung einer höchstmöglichen Aktualität. Zwar sind Verbraucher heute mit den Besonderheiten des Internets und damit auch mit dessen technischen Grenzen weitgehend vertraut. Sie gehen aber davon aus, dass die in einer Preissuchmaschine angebotenen Waren zu dem dort angegebenen Preis erworben werden können, und rechnen nicht damit, dass die dort angegebenen Preise aufgrund von Preiserhöhungen, die in der Suchmaschine noch nicht berücksichtigt sind, bereits überholt sind. Die Irreführung der Verbraucher wird auch durch den Hinweis "Alle Angaben ohne Gewähr!" in der Fußzeile der Preisvergleichsliste nicht verhindert. Durch einen Klick auf diesen Hinweis öffnet sich ein Fenster mit einem weiteren Text, aus dem sich ergibt, dass "eine Aktualisierung in Echtzeit ... aus technischen Gründen nicht möglich [ist], so dass es im Einzelfall insbesondere hinsichtlich der Verfügbarkeit bzw. der Lieferzeit von Produkten zu Abweichungen kommen kann.

Es stellt einen besonderen Vorteil im Wettbewerb dar, wenn ein Anbieter mit seinem Angebot in der Rangliste einer bekannten Preissuchmaschine an erster Stelle steht. Den Händlern ist es zuzumuten, die Preise für Produkte, für die sie in einer Preissuchmaschine werben, erst dann umzustellen, wenn die Änderung in der Suchmaschine angezeigt wird."

Bewertung:

Gemäß § 5 UWG handelt unlauter, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt. Eine geschäftliche Handlung ist unter anderem irreführend, wenn sie unwahre oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über die wesentlichen Merkmale der Ware oder Dienstleistung (wie z.B. die Verfügbarkeit) oder den Anlass des Verkaufs wie das Vorhandensein eines besonderen Preisvorteils, den Preis oder die Art und Weise, in der er berechnet wird, oder die Bedingungen, unter denen die Ware geliefert oder die Dienstleistung erbracht wird enthält (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 u. 2 UWG).

Sicherlich kann dem BGH darin zugestimmt werden, dass eine (durch den Händler) initiierte Preisangabe in den Ergebnislisten einer Preissuchmaschine dann unter den Irreführungstatbestand zu fassen ist, wenn die in der Preissuchmaschine angebotene Ware oder Dienstleistung nicht oder nicht mehr zu dem dort angegebenen Preis angeboten wird. Dennoch geht der BGH in seiner Risikoeinschätzung besonders weit, wenn er von dem Unternehmer (der den Anpassungszeitpunkt in der Preissuchmaschine nicht aktiv beeinflussen kann) fordert, eine Preisänderung erst dann (tatsächlich) vorzunehmen, wenn die Änderung auch von der Preissuchmaschine nachvollzogen wurde. Auch wenn die Zielsetzung des § 5 UWG verlangt, dass an die Richtigkeit und Wahrheit der Werbung strenge Anforderungen gestellt werden, geht der BGH damit zu weit. So berücksichtigt der BGH die grundrechtliche Relevanz (Art. 12 I, 14, 2 I GG) seiner Rechtsansicht nicht hinreichend, denn in letzter Konsequenz führt diese dazu, dass der Unternehmer gezwungen wird, seine Ware (unter Umständen über einen längeren Zeitraum) zu einem Preis zu veräußern, zu dem er die Ware überhaupt nicht mehr anbieten will.

Das Verhalten des Unternehmers im Wettbewerb ist jedoch nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Bestandteil seiner Berufsausübung und damit durch Art. 12  Abs. 1  GG, aber auch durch Art. 2  Abs. 1  GG geschützt. Aus diesem Grunde berühren Eingriffe, die die Festsetzung von Preisen betreffen, in substantieller Weise die durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte Preisfreiheit, da sie die unternehmerische Privatautonomie gravierend beschränken. Dass ein derartiger Eingriff - angesichts der mangelnden Einflussmöglichkeit des Unternehmers auf die Handlungen der Preissuchmaschine - verhältnismäßig ist, ist zu bezweifeln.

Nach hiesiger Sicht muss es daher ausreichend sein, wenn der Unternehmer - was im vom BGH entschiedenen Fall geschehen war (!) - eine Preisänderung in dem Moment an den Betreiber der Preissuchmaschine übermittelt, in dem er selbst den Preis auf seiner Internetseite heraufsetzt. Nur ein derartiges Verständnis löst auch den - durch den BGH nicht zu entscheidenden - Konflikt in dem Fall, in dem eine Ware vom Unternehmer gar nicht mehr angeboten werden kann; wollte man hier der Ansicht des BGH folgen, wäre der Unternehmer in letzter Konsequenz dazu verpflichtet, eine (nicht mehr in seinem Produktangebot befindliche) Ware, so lange von Dritter hinzuzukaufen, bis die Preissuchmaschine die mangelnde Verfügbarkeit des Artikels in ihre Ergebnislisten übernommen hat. Dies aber kann auch der BGH nicht ernsthaft als durch den Schutzzweck des § 5 UWG geboten erachten.

Handlungsempfehlung:

Trotz unserer kritischen Haltung gegenüber dem Urteil des BGH ist allen Unternehmen, die Preise an Preissuchmaschinen übermitteln, anzuraten, zukünftig Änderungen im Preis erst dann (tatsächlich) vorzunehmen, wenn die Preissuchmaschine die Preisänderung nachvollzogen hat. In allen anderen Fällen drohen kostspielige Abmahnungen durch Mitbewerber - es ist davon auszugehen, dass sich findige „Abmahnanwälte" bereits „auf die Suche gemacht haben".

Keine Anwendung findet das Urteil hingegen bei solchen Suchmaschinenergebnissen, die ohne Beteiligung des jeweiligen Anbieters generiert werden. Solange der Unternehmer keine positive Kenntnis von hier entstandenen „Fehlern" hat, kann von einer Irreführung im Sinne des § 5 UWG nicht ausgegangen werden. Wird der Unternehmer in Kenntnis gesetzt, wird er die Irreführungsgefahr bereits dadurch beseitigen können, dass er den Suchmaschinenbetreiber auf den Fehler hinweist.

Dr. Robert Kazemi

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