BGH: Widerruf eines Kaufvertrags über ein im Fernabsatz erworbenes Radarwarngerät
Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) hat entschieden, dass bei einem Fernabsatzgeschäft ein Widerrufsrecht des Verbrauchers auch dann besteht, wenn es einen Kaufvertrag über ein Radarwarngerät zum Gegenstand hat, der wegen Sittenwidrigkeit nichtig ist (BGH, Urteil vom 25. November 2009 - VIII ZR 318/08, zur Pressemitteilung geht es hier).
In dem vom BGH entschiedenen Fall hatte ein Verbraucher im Internet ein Radarwarngerät zu einem Preis von ca. 1000,00 € erworben, er hatte im Rahmen der Bestellung bestätigt, dass ihm bekannt sei, dass die Verwendung eines solchen Gerätes in der BRD unzulässig sei, ebenso sei ihm bekannt, dass die deutschen Gerichte den Kauf von Radarwarngeräten als sittenwidrig betrachten.
Nachdem ihm das Gerät zugesandt worden war, erklärte der Verbraucher den Widerruf vom Vertrag und forderte den Verkäufer zur Rückabwicklung auf. Der BGH sieht den Verkäufer als hierzu verpflichtet an.
Bewertung:
Die Entscheidung überrascht und überzeugt nach hiesiger Ansicht nicht. Nach der Rechtsprechung des BGH ist der Kaufvertrag über den Erwerb eines Radarwarngeräts als sittenwidrig und damit nach § 138 Abs. 1 BGB als nichtig zu betrachten, wenn der Kauf nach dem für beide Seiten erkennbaren Vertragszweck auf eine Verwendung des Radarwarngeräts im Geltungsbereich der deutschen Straßenverkehrsordnung gerichtet ist (BGH, Urt. vom 23. Februar 2005 - VIII ZR 129/04).
Dennoch sieht der BGH das Recht des Verbrauchers, sich von dem (Fernabsatz)vertrag durch Ausübung seines Widerrufsrechts zu lösen, hierdurch nicht berührt, weil ein Widerrufsrecht nach §§ 312d, 355 BGB beim Fernabsatzvertrag unabhängig davon gegeben sei, ob die Willenserklärung des Verbrauchers oder der Vertrag wirksam ist.
Die Argumentation überzeugt nicht, sie kann insbesondere nicht auf europarechtliche Erwägungen des Verbraucherschutzes gestützt werden. Denn, für das Vorliegen eines Widerrufsrechts muss zunächst ein Vertrag geschlossen worden sein, dieser ist, nach einhelliger Ansicht in seiner Wirksamkeit nicht durch das Widerrufsrecht berührt, er ist also während des Bestehens des Widerrufsrechts nicht schwebend unwirksam, sondern gleichsam schwebend wirksam. Zum Zeitpunkt des Widerrufes besteht also ein Vertrag.
Dies ist im Falle des Kaufes eines Radarwarngerätes jedoch nach der Rechtsprechung des BGH gerade nicht der Fall, ein solcher Vertrag ist nichtig, also nicht existent.
Die Rückabwicklung nicht existenter, nichtiger Verträge richtet sich jedoch nach bereicherungsrechtlichen Grundsätzen, da ein Leistungsgrund (hier Vertrag) in diesem Fall als nicht existent behandelt wird. Die Parteien stehen sich daher gerade nicht im Rahmen eines klassischen Schuld- oder Vertragsverhältnisses gegenüber. Nur diesen Fall aber regeln die gesetzlichen Bestimmungen zum Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen im Fernabsatz. Liegt ein solcher Vertrag nicht vor, können die Regelungen daher nicht angewandt werden.
Kennt der Leistende (Käufer) die zur Nichtigkeit führenden Umstände, scheitert der Anspruch auf Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung (hier des Kaufpreises) auf Basis des § 812 BGB jedoch an der Kondiktionssperre des § 817 S. 2 BGB. Nach dieser Bestimmung ist die Rückforderung einer zur Erfüllung eines wegen Sittenwidrigkeit nichtigen Vertrages erbrachten Leistung ausgeschlossen, wenn beiden Parteien ein Sittenverstoß zur Last fällt. Warum diese insoweit eindeutige Bestimmung im Rahmen von nichtigen Fernabsatzverträgen keine Geltung beanspruchen sollte, erschließt sich nicht.
Dr. Robert Kazemi