14
Feb 2010

BGH: Verwendung der Zeichen „DDR“ und „CCCP“ auf Kleidungsstücken ist zulässig

Wie sich aus einer aktuellen Pressemitteilung des I. Zivilsenates des Bundesgerichtshofes (BGH) vom 15.01.2010 ergibt, hat sich der BGH in zwei Entscheidungen mit der Frage zu beschäftigen gehabt, ob es markenrechtlich untersagt werden kann, die Zeichenfolgen „DDR" (Urteil vom 14. Januar 2010 - I ZR 92/08 - DDR) und „CCCP" (Urteil vom 14. Januar 2010 - I ZR 82/08 - CCCP) auf Kleidungsstücken anzubringen.

Sachverhalte:

Der Kläger des Verfahrens I ZR 92/08 ist Inhaber der unter anderem für Bekleidungsstücke eingetragenen Wortmarke "DDR". Er war außerdem Inhaber einer für Textilien eingetragenen Bildmarke, die das Staatswappen der DDR abbildete. Der Beklagte vertreibt sogenannte Ostprodukte. Er bewirbt und vertreibt T-Shirts mit der Bezeichnung "DDR" und ihrem Staatswappen.

Das zweite Klageverfahren (I ZR 82/08) betraf die Verwendung der Buchstabenfolge "CCCP" zusammen mit dem Hammer-und-Sichel-Symbol auf TShirts. Die Buchstabenfolge "CCCP" (in lateinischen Buchstaben SSSR) steht als Abkürzung der kyrillischen Schreibweise der früheren UdSSR. Die Klägerin ist Lizenznehmerin der Wortmarke "CCCP", die für bestimmte Bekleidungsstücke (z.B. Hosen, Overalls) eingetragen ist. Die Beklagte vertreibt über das Internet bedruckte Bekleidungsstücke. Zu den zur Auswahl stehenden Motiven gehört auch ein Hammer-und-Sichel-Symbol mit der Buchstabenfolge "CCCP".

Die Kläger sahen in diesen Verwendungen die Verletzung ihrer Markenrechte und nahmen die Beklagten darauf hin auf Unterlassung in Anspruch. Das hinsichtlich der Marke „DDR" zunächst durch das OLG München ausgesprochene Verwendungsverbot hob der BGH nunmehr auf, die bereits zu Gunsten des Beklagten ergangene Entscheidung in Sachen „CCCP" bestätigte er.

Die Entscheidung:

Die genauen Entscheidungsgründe des BGH sind noch nicht bekannt. In der Pressemitteilung heißt es:

„Die Ansprüche der Kläger aus ihren Marken hat der BGH verneint, weil die Anbringung der Symbole der ehemaligen Ostblockstaaten auf Bekleidungsstücken die Markenrechte der Kläger nicht verletzen. Die markenrechtlichen Ansprüche setzten voraus, dass der Verkehr auf Bekleidungsstücken angebrachte Aufdrucke als Hinweis auf die Herkunft der Produkte von einem bestimmten Unternehmen und nicht nur als dekoratives Element auffasst, das nach Art des Motivs variieren kann. Der BGH hat angenommen, dass die Verbraucher die auf der Vorderseite von TShirts angebrachten Symbole ehemaliger Ostblockstaaten ausschließlich als dekoratives Element auffassen und in ihnen kein Produktkennzeichen sehen."

Bewertung:

Die Entscheidung des BGH ist zutreffend. Markenrechtliche Unterlassungsansprüche nach § 14 MarkenG entstehen nicht schon dann, wenn ein Dritter ein identisches Zeichen verwendet, sondern nur, wenn diese Verwendung auch markenmäßig erfolgt. Die markenmäßige Benutzung eines Zeichens ist jedoch nur dann zu bejahen, wenn die Benutzung des Zeichens durch einen Dritten die Funktion der Marke und insbesondere die Hauptfunktion, das heißt die Gewährleistung der Herkunft der Ware gegenüber den Verbrauchern, beeinträchtigt oder beeinträchtigen könnte (EuGH, GRUR 2003, 55, 58, Tz. 51 - Arsenal FC; BGH GRUR 2007, 780, 782 - Pralinenform). Auszugehen ist dabei von dem Verständnis des Durchschnittsverbrauchers. Es kommt mit anderen Worten darauf an, ob der Durchschnittsverbraucher in den Aufdrucken „DDR" oder „CCCP" auf Bekleidungsstücken einen Hinweis auf die Herkunft der Ware aus einem bestimmten Betrieb oder lediglich ein dekoratives Element sieht. Dies hat seinen Grund im Zweck der Rechte des Markeninhabers, die sicherstellen sollen, dass die Marke ihre Funktion erfüllen kann. Diese Rechte sind daher auf diejenigen Fälle beschränkt, in denen die Benutzung des Zeichens durch einen Dritten die Funktion der Marke und insbesondere deren Hauptfunktion, d.h. die Gewährleistung der Herkunft der Ware gegenüber dem Verbraucher, beeinträchtigt oder immerhin beeinträchtigen könnte.

Vorliegend ist zu beachten, dass das Zeichen „CCCP" über Jahrzehnte bis in die jüngere Geschichte nicht nur irgendeinen unbedeutenden Staat, sondern die Führungsnation des einen von lediglich zwei weltweit herrschenden und sich feindlich gegenüberstehenden Blöcken bezeichnete. Ebenso erkennt der Verkehr in der Bezeichnung „DDR" zunächst allein den ehemals abgespaltenen östlichen Teil der heutigen Bundesrepublik.

Die Kürzel „CCCP" und „DDR" sind jedenfalls zu Zeiten des Bestandes der UDSSR zudem umfassend auch in der Bundesrepublik Deutschland und erst Recht in der „DDR" selbst dem Verkehr in Form von Aufdrucken auf Trikots der Sportler bei landesweit stark beachteten Veranstaltungen wie z.B. Fußball-Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen entgegengetreten. Der Kenntnisstand des Verkehrs über die Bedeutung der Kürzel „CCCP" und „DDR" als ursprünglich staatliche Zeichen wird im Übrigen auch durch die aktuelle „Ostalgiewelle", also die beachtlichen Nachfrage des Verkehrs nach Produkten und staatlichen Symbolen des untergegangenen Ostblocks, geprägt.

Dem Verkehr ist bekannt, dass gerade auf der Vorderseite von T-Shirts nicht selten mehr oder weniger originelle oder geistreiche Sprüche, Weisheiten, Bekenntnisse und Verballhornungen von Symbolen aufgedruckt und gezeigt werden. Insoweit dient die Vorder- oder auch die Rückseite von T-Shirts als eine Fläche, auf welcher der Träger dieser Textile seiner Umwelt eine Botschaft vermittelt. Aufdrucke auf T-Shirts können also zum einen eine markenmäßige Benutzung sein, auf der anderen Seite aber auch eine Funktion als Kommunikationsmittel haben. Aus dieser möglichen Doppelfunktion ergibt sich, dass bei der Auslegung des Markengesetzes, speziell des Merkmals der markenmäßigen Benutzung, das Grundrecht gem. Art. 5 GG hinreichend Beachtung finden muss.

Das Tragen eines T-Shirt mit dem Aufdruck „CCCP" oder „DDR" fällt in den Schutzbereich der Meinungsfreiheit. Zum einen ist denkbar, dass der Träger dem Verkehr seine Verbundenheit mit der untergegangenen Sowjetunion oder DDR und ggf. der von ihr repräsentierten sozialistischen Staatsform demonstrieren will. Ebenfalls ist möglich, dass der Träger zwar kein positives Bekenntnis in diesem Sinne ausdrücken will, immerhin aber seine kritische Haltung zur Marktwirtschaft oder auch zur westlichen Demokratie. Auch kommt in Betracht, dass der Träger gar kein eigenes Bekenntnis für oder gegen staats-, gesellschafts- oder wirtschaftspolitische Grundmodelle abgeben will, sondern sich schlicht als progressiv oder unangepasst denkender Mensch präsentieren will, der „gegen den Strom der weltgeschichtlichen Entwicklung schwimmt".

Angesichts dessen, dass es sich bei den Kürzeln daher um Symbole des sozialistischen Ostblocks handelt und deshalb ein Aufdruck dieses Symbols auf T-Shirts auch ein politisch-weltanschauliches Bekenntnis des Trägers sein kann, wird der Verkehr in der Verwendung eben dieser Zeichen eher eine Dekoration und keinen Unternehmenshinweis erkennen. Eine markenmäßige  Benutzung ist daher nicht anzunehmen, weswegen auch eine Unterlassungsanspruch nach § 14 MarkenG durch den BGH zu Recht abgelehnt wird.

Dr. Robert Kazemi

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