19
Mai 2009

BGH: Sicherstellung von Emails beim Email-Provider auch gegen dessen Willen

Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat sich am 31.03.2009, Az. 1 StR 76/09 mit der Zulässigkeit der Sicherstellung von Emails beim Email-Provider eines Verdächtigen beschäftigt.

Nach § 99 StPO ist die Beschlagnahme von Postsendungen unter bestimmten Voraussetzungen unmittelbar bei demjenigen zulässig, der gewerbsmäßig Post- oder Telekommunikationsleistungen erbringt. Ob hierunter auch der Email-Provider zu verstehen ist, bei dem die Emails eines Kunden bis zu deren „Abruf" auf den Servern liegen, war bislang nicht abschließend geklärt. Auch weil der Begriff der „Postsendung" eigentlich eine „verkörperte" (=klassische) Sendung beschreibt. Strittig war demnach ob und wenn ja, wie eine in der Mailbox des Empfängers „ruhende" Nachricht, die dieser erst noch herunterladen muss, sichergestellt werden konnte.

Der BGH hat diese Frage nunmehr im Interesse der Strafverfolgungsbehörden entschieden. Der Senat führt aus:

„Vielmehr ist die Beschlagnahme von E-Mails bei einem E-Mail-Provider, welche dort bis zu einem ersten oder weiteren Aufruf abgespeichert sind, auch unter Berücksichtigung des heutigen Kommunikationsverhaltens in jeder Hinsicht vergleichbar mit der Beschlagnahme anderer Mitteilungen, welche sich zumindest vorübergehend bei einem Post- oder Telekommunikationsdiensteleister befinden, bspw. von Telegrammen, welche gleichfalls auf dem Telekommunikationsweg dorthin übermittelt wurden. Daher können beim Provider gespeicherte, eingegangene oder zwischengespeicherte E-Mails - auch ohne spezifische gesetzliche Regelung - jedenfalls unter den Voraussetzungen des § 99 StPO beschlagnahmt werden [...]"

Die Sicherstellungsanordnung eines Richters (!) kann, so der BGH - entgegen der Ansicht der Email-Provider - auch zwangsweise durchgesetzt werden. Hierzu heißt es in dem Beschluss:

„Dass in §§ 99, 100 StPO selbst keine zwangsweise Durchsetzung des Herausgabeanspruchs geregelt ist, ändert an der hier dargestellten Rechtslage nichts, sondern beruht allein darauf, dass ursprünglich allein die mit hoheitlichen Befugnissen ausgestattete Deutsche Bundespost Verpflichteter einer solchen Maßnahme sein konnte, bei welcher eine Weigerung nicht zu erwarten war. Nach der Öffnung der Märkte in diesem Bereich muss aber gewährleistet sein, dass eine Maßnahme nach § 99 StPO auch durchsetzbar ist."

Dr. Robert Kazemi

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