BGH: Rechtmissbräuchliche Markenanmeldung – "Ivadal"
In einem am 2. April 2009 verkündeten Beschluss hat sich der Bundesgerichtshof (BGH) mit der Bestimmung des § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG beschäftigt (Beschluss vom 2.4.2009 - I ZB 8/06). Hiernach sind Marken von der Eintragung im Markenregister ausgeschlossen, deren Anmeldung bösgläubig erfolgte.
Nach § 50 Abs. 1 MarkenG i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG wird die Eintragung einer Marke auf Antrag wegen Nichtigkeit gelöscht, wenn der Anmelder bei der Anmeldung bösgläubig war. Nach den Ausführungen in der Begründung zum Regierungsentwurf des MarkenG steht mit diesem Nichtigkeitsgrund ein markenrechtlicher Anspruch zur Verfügung, um rechtsmissbräuchliche oder sittenwidrige Markeneintragungen zur Löschung zu bringen. Da sowohl die Sperrwirkung wie auch der Wettbewerbskampf zum Begriff der Marke als Ausschließlichkeitsrecht gehören, kann das für die Annahme einer Bösgläubigkeit maßgebliche Kriterium nur in dem zweckfremden Einsatz der Marke liegen (BPatG, Beschluss vom 17.04.2009 - 24 W (pat) 25/07). Dementsprechend wird angenommen, dass das Eintragungshindernis nach § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG insbesondere solche Fälle erfasst, in denen sich eine Markenanmeldung als Akt eines sittenwidrigen Behinderungswettbewerbs darstellt, wobei es darauf ankommt, ob „die Markenanmeldung bei objektiver Würdigung der Umstände in erster Linie auf die Förderung des eigenen Wettbewerbs des Anmelders oder auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung des Mitbewerbers gerichtet ist" (BPatG, a.a.O). Hieraus folgt zum einen, dass die Bejahung der Bösgläubigkeit einer Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalles bedarf und jedenfalls nicht bereits durch den Nachweis eines eigenen Benutzungswillens des Anmelders ausgeschlossen werden kann; zum anderen ist eine Markenanmeldung nicht schon dann bösgläubig, wenn der Markeninhaber weiß, dass ein anderer dasselbe Kennzeichen im Inland für gleiche oder ähnliche Waren bereits benutzt, ohne hierfür einen formalen Kennzeichenschutz erworben zu haben; ein Vorbenutzungsrecht in diesem Sinne ist dem Markenrecht fremd.
Nach der Entscheidung des BGH war im vorliegenden Fall deshalb Bösgläubigkeit anzunehmen, weil wegen des Unternehmensgegenstands des Anmelders nur eine Benutzung der Marke durch Lizenzierung oder Veräußerung an Dritte in Betracht kam. Dies könne - so der BGH - bereits dann der Fall sein, „wenn nach den tatsächlichen Umständen des Falles der Schluss gerechtfertigt ist, der Anmelder werde in rechtsmissbräuchlicher Weise versuchen, Dritte zum Erwerb der Markenrechte zu veranlassen." Dies könne angenommen werden, „wenn Marken nicht im Hinblick auf eine Vielzahl in Betracht kommender, im Einzelnen noch unbestimmter und allenfalls nach abstrakten Merkmalen umschriebener potentieller Interessenten auf Vorrat angemeldet werden, sondern im Zeitpunkt der Anmeldung die Veräußerung an einzelne, bereits bestimmte Dritte naheliegt, deren Interesse an einem Erwerb der Markenrechte jedoch im Wesentlichen nur durch den Umstand begründet wird, dass sie infolge der Eintragung der Marke auf den Anmelder an der Verwendung der bislang ungeschützten Kennzeichnung gehindert werden können".
Der BGH führt damit seine wettbewerbsrechtliche Rechtsprechung in Sachen „AKADEMIKS" (vgl. hierzu: "Bei der Registrierung von Marken- und Internetdomains ist auch auf ausländische Marken- und Kennzeichenrechte Rücksicht zu nehmen") nunmehr auch für den Bereich des markenrechtlichen Missbrauchstatbestandes konsequent fort.
Der I. Zivilsenat bewegt sich dabei innerhalb der in Rechtsprechung und Literatur herausgearbeiteten Fallgruppen. Hiernach gilt eine Markenanmeldung als bösgläubig (1) wenn die Anmeldung mit dem Ziel eingereicht wird, einen anerkannt schutzwürdigen Besitzstand eines Vorbenutzers zu stören (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 8 Rdn. 436 ff. - m. w. N.) oder (2) wenn die Anmeldung mit dem Ziel eines zweckfremden Einsatzes der Marke im Wettbewerbskampf getätigt worden ist, was anzunehmen ist, wenn das Verhalten des Anmelders bei objektiver Würdigung aller Umstände in erster Linie auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung des Mitbewerbers und nicht auf die Förderung des eigenen Wettbewerbs gerichtet ist. Die hiesige Entscheidung dürfte der 1. Fallgruppe zuzuordnen sein.
Dr. Robert Kazemi