16
Aug 2009

BGH: MacDent „Geprüfte Qualitätsstandarts“ – Grenzenlose Werbung in der Franchise-Zahnversorgung

„Mc" bzw. „Mac" ist ein häufiger Bestandteil schottischer und irischer Familiennamen. Er bedeutet so viel wie „Sohn von ...". Vor allem durch den Einsatz einer us-amerikanischen Fast-Food-Kette ist das Kürzel aber auch als Hinweis auf sog. Franchise-Strukturen bekannt. Beim Franchising stellt ein Franchisegeber einem Franchisenehmer die (regionale) Nutzung eines Geschäftskonzeptes gegen Entgelt zur Verfügung. Oftmals sind die Nutzungsrechte an Warenzeichen, Warenmustern oder Geschmacksmustern neben der Vermittlung von Know-how ein wichtiger Bestandteil der Franchisegeberleistungen. Vor allem ein einheitliches und ausgefeiltes Marketing verspricht hier Erfolg. Auch im Gesundheitssektor finden sich immer wieder Versuche, derartige Strukturen zu etablieren. Das Schicksal der McZahn AG dürfte hinlänglich bekannt sein. Ein weiterer Versuch - MacDent (heute TruDent).

Der Fall:

Die MacDent AG (jetzt: TruDent AG) hat ein Konzept zur Qualitätssicherung und zum Marketing für Zahnarztpraxen entwickelt. Sie vergibt als Franchisegeber an die ihr angeschlossenen Zahnarztpraxen ein Qualitätssiegel. Bestandteil der Qualitätsprüfung ist unter anderem die Förderung der Prophylaxetätigkeit sowie die Überprüfung der handwerklichen Ergebnisse der zahnärztlichen Arbeit. Im Mai 2005 verteilte MacDent Werbepostkarten, auf denen für das von ihr entwickelte Konzept zur Qualitätssicherung von Zahnarztpraxen mit einer Aufforderung zur Teilnahme an einem Gewinnspiel geworben wurde. Auf den Werbepostkarten fand sich die Aussage:

Die sieben Brücken der Qualitätssicherung
ausgesuchte Zahnarztpraxen
sichere Qualitätseckpunkte
nachgewiesene Fortbildung
Qualitätsmanagement nach ISO 9001:2000
Patientenfreundliches Schlichtungsverfahren
Dreifach längere Garantie auf Zahnersatz, Kronen und Inlays
Jährliche Praxiskontrolle durch Check-Zahnarzt und QM-Auditor

Die klagende Zahnärztekammer Schleswig-Holstein hat die Veranstaltung des Gewinnspiels sowie die vorzitierten schlagwortartigen Aussagen über die „Brücken der Qualitätssicherung" als Umgehung der in ihrer Berufsordnung geregelten Werbebeschränkungen für Zahnärzte als wettbewerbswidrig (berufsrechtswidrig) beanstandet.

Zu Unrecht urteilte nunmehr der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 26.02.2009 - I ZR 222/06 „McDent").

Die Entscheidung:

Land- und Oberlandesgericht waren noch der Auffassung der Zahnärztekammer gefolgt, die Zahnärztekammer könne von MacDent gemäß § 8 Abs. 1, §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V. mit § 29 Abs. 1 der Berufsordnung der Klägerin in der zum Zeitpunkt der Werbeaktion geltenden Fassung (im Folgenden: BO a.F.) sowie § 21 Abs. 2 in der zum Zeitpunkt der Verkündung des Berufungsurteils geltenden Fassung (im Folgenden: BO Fassung 2006) Unterlassung des beanstandeten Verhaltens verlangen. Denn das von der MacDent veranstaltete Gewinnspiel verstoße jedenfalls unter Berücksichtigung der verwendeten Schlagwörter und Aussagen gegen das zahnärztliche Werberecht.

Der BGH teilt diese Rechtsansicht zu Recht nicht und stellt zunächst klar, dass die Grundsätze des (zahn)ärztlichen Werberechts nicht eins zu eins auf die dem Berufsrecht nicht unmittelbar unterliegende MacDent AG übertragen werden können. Das Gericht zieht damit die Grenzen der sog. Störerhaftung wesentlich enger als die Vorinstanzen und stellt fest, dass „es unverhältnismäßig und mit der Berufsausübungsfreiheit [der MacDent AG] (Art. 12 Abs. 1 GG) nicht zu vereinbaren [wäre], wenn die wettbewerbsrechtliche Haftung wegen der beanstandeten Werbung - unterstellt sie wäre einem niedergelassenen Zahnarzt berufsrechtlich verwehrt - auf MacDent erstreckt würde." (Urteil Rz. 16).

Zwar lässt der BGH die Frage offen, ob anders zu urteilen gewesen wäre, wenn der Zweck der MacDent dahin ausgerichtet wäre, den ihr angeschlossenen Zahnärzten eine über die Werbebeschränkungen der Berufsordnung hinaus reichende Werbung zu ermöglichen. Das Gericht lässt jedoch anklingen, dass auch in diesem Fall (wohl) nicht anders zu entscheiden gewesen wäre, denn die Tätigkeit der MacDent als sog. „Franchisegeberin" bestehe in der Erbringung bestimmter Dienstleistungen, die schon ihrer Natur nach gerade auch ihren Vertragspartnern zugutekommen. Betreibt ein Franchisegeber daher - ohne Abstimmung und/oder Beauftragung - seiner Franchisenehmer (hier: der Zahnärzte) eine Werbemaßnahme um seine Produkte öffentlichkeitswirksam zu präsentieren, ist dieser also auch dann nicht an die Werbebeschränkungen des (zahn)ärztlichen Berufsrechts gebunden, wenn diese Werbemaßnahme (auch) den Franchisenehmern nützt und diese an einer derartigen Werbung gehindert wären.

Hintergründe und Bewertung:

Die Rechtsauffassung des obersten deutschen Zivilgerichts könnte eine neue Runde im Kampf für ein liberaleres (Zahn)ärzte-Marketing einläuten. Sie stützt dabei aber vorwiegend größere, wirtschaftlich orientierte Strukturen und könnte dementsprechend beispielsweise für Unternehmen aller „McZahn" oder „DocMorris" Aufwind bringen. Auch diese Unternehmen setzen auf Franchise-Systeme; mit der liberalen Entscheidung in Sachen „McDent" und den hier gewonnen neuen Werbemöglichkeiten bietet sich nämlich auf für teilnehmende „Franchisenehmer" (Zahnärzte) ein echter Mehrwert: Werbung jenseits der Grenzen (zahn)ärztlicher Werbebeschränkungen. Ob dies positiv oder negativ ist, bleibt - wie so vieles im Leben - eine Sache des Betrachters.

Die Entscheidung McDent des BGH enthält darüber hinaus weitere interessante Aspekte. So empfindet das Gericht auch die schlagwortartige Hervorhebung der Werbeaussage - ohne nähere und unmittelbare Erläuterung - nicht als wettbewerbswidrig. Wörtlich heißt es:

„Die Darstellung der Grundzüge des Konzepts in einprägsamer und leicht verständlicher Form ("Die sieben Brücken der Qualitätssicherung") im Rahmen der Aufforderung zur Teilnahme an dem Gewinnspiel ist grundsätzlich geeignet, das Interesse von Patienten an dem Unternehmenskonzept der Beklagten sowie an weiteren - über die angegebene Internetadresse verfügbaren - Informationen zu wecken. Es ist nicht ersichtlich, dass das Rechtsgut der Gesundheit der Bevölkerung und das hierauf beruhende Werbeverbot zur Vermeidung einer gesundheitspolitisch unerwünschten Kommerzialisierung des Arztberufs es rechtfertigen, diese Art der Werbung zu verbieten."

Weiter heißt es:

„Die Veranstaltung eines Gewinnspiels ist eine übliche Werbeform, um das angesprochene Publikum für das Angebot des Werbenden zu interessieren. Dem legitimen Zweck, zunächst einmal das Interesse des angesprochenen Publikums an einem noch weitgehend unbekannten Angebot zu wecken, stünde es jedoch entgegen, wenn bereits diese Aufmerksamkeitswerbung umfangreiche sachliche Angaben über das angebotene Konzept der Qualitätssicherung von Zahnarztpraxen enthalten müsste."

Schlagwortartige Werbung scheint damit auch im Rahmen der ärztlichen Außendarstellung grundsätzlich zulässig, solange und soweit dem Adressaten zugleich eine Möglichkeit eröffnet wird, sich beispielsweise über das Internet oder eine Infohotline weitere Informationen zu verschaffen.

Wichtiger noch:

Die Werbung mittels Aufforderung zur Teilnahme an einem Gewinnspiel ist nicht per se berufsrechtswidrig. Vielmehr gilt auch hier zu prüfen, ob die Werbung im Einzelfall geeignet ist das Rechtsgut der Gesundheit der Bevölkerung zu gefährden.

Dr. Robert Kazemi

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