05
Dez 2010

BGH: Kein Sonderkündigungsrecht des DSL-Anschlusses bei Umzug

Man hört sie oft, Aussagen wie „aus dem Vertrag komme ich ja eh raus, wenn ich umziehe". Wie ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) zeigt, ist diese Aussage nur in den seltensten Fällen zutreffend. Jedenfalls im Rahmen von DSL-Verträgen mit überregionalen Anbietern, sollte daher vor der Unterschrift an das nachfolgend dargestellte Urteil des BGH gedacht werden (BGH, Urteil vom 11. November 2010 - III ZR 57/10).

Der Fall:

Der Kläger hatte mit dem beklagten Unternehmen einen Vertrag über die Bereitstellung eines DSL-Anschlusses geschlossen, mit dem er an seinem seinerzeitigen Wohnsitz Zugang zum Internet einschließlich Internettelefonie erhielt. Der Vertrag war auf die Dauer von zwei Jahren geschlossen. Wenige Monate nach Vertragsschluss verzog der Kläger in eine im selben Landkreis gelegene andere Gemeinde. Dort liegen keine DSL-fähigen Leitungen, so dass die Beklagte nicht in der Lage war, am neuen Wohnort einen DSL-Anschluss zu installieren. Nachdem sie dem Kläger dies schriftlich mitgeteilt hatte, erklärte dieser die "Sonderkündigung" des Vertrags.

Dessen ungeachtet beanspruchte die Beklagte die vereinbarte monatliche Grundgebühr weiter. Mit seiner Klage verlangte der Kläger die Feststellung, dass der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag durch die Kündigung wirksam beendet wurde und er nicht verpflichtet ist, die geltend gemachten Monatsbeträge zu zahlen.

Zu Recht urteilte nunmehr der BGH.

Die Entscheidung:

Nach Ansicht des III. Zivilsenats steht dem Inhaber eines DSL-Anschlusses vor Ablauf der vereinbarten Frist auch dann kein Sonderkündigungsrecht zu, wenn er an einen Ort umzieht, an dem noch keine DSL-fähigen Leitungen verlegt sind.

Der Umzug stellt insoweit keinen wichtigen Grund zur Kündigung gemäß § 626 Abs. 1 oder § 314 Abs. 1 Satz 2 BGB dar. Ein solcher Grund besteht grundsätzlich nicht, wenn er aus Vorgängen hergeleitet wird, die dem Einfluss des anderen Vertragspartners entzogen sind und der Interessensphäre des Kündigenden entstammen. Der Kunde, der einen längerfristigen Vertrag über die Erbringung einer Dienstleistung abschließt, trägt grundsätzlich das Risiko, diese aufgrund einer Veränderung seiner persönlichen Verhältnisse nicht mehr nutzen zu können. Dementsprechend stellt ein Umzug, etwa aus beruflichen oder familiären Gründen, prinzipiell keinen wichtigen Grund für eine Kündigung dar.

Hinzu trat, dass die vergleichsweise lange Laufzeit des DSL-Anschlussvertrags die wirtschaftliche "Gegenleistung" des Klägers für einen niedrigen monatlichen Grundpreis war und auch ein Vertragsschluss mit kürzerer Laufzeit oder monatlicher Kündbarkeit zu höheren Kosten möglich gewesen wäre.

Bewertung:

Die Entscheidung des BGH mag überraschen, sie ist dennoch zutreffend. So bitter es klingen mag, auch im Zivilrecht geht es nicht nur einseitig um die Verbraucherinteressen. Auch hier sind die gegenseitigen Interessen vielmehr in einen angemessenen Ausgleich zu bringen. Im Rahmen des Kündigungsrechts gilt dementsprechend, dass nur solche Umstände eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen können, für die die Gegenseite zumindest eine (Mit-)Verantwortung trägt.

Dr. Robert Kazemi

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