BGH: Gericht bestätigt Unterlassungsverpflichtung des Halters für "Falschparkern" auf einem Privatgrundstück - Die Abmahnung als Alternative zum Abschleppen
Viele Geschäftsleute kennen das Problem: Teuer angemietete Kundenparkplätze werden von Falschparkern blockiert, die eigene Kundschaft findet keinen Parkplatz und damit oft auch keinen Weg in das eigene Geschäft. Ein Ärgernis, dass auch viele Privatleute kennen. Viele Betroffene neigen dazu, auf dem Falschpark-Wahn mit dem Abschleppen des Parksünders zu reagieren; was für die öffentliche Hand ein adäquates Mittel ist, stellt sich für den betroffenen Parkplatzeigentümer /-besitzer jeodoch vielfach als nachteilig dar: So trägt der Abschleppende das Risiko der Beschädigung des abgeschleppten Fahrzeuges, auch die Kosten des Abschleppunternehmens fallen zunächst dem Eigenümer als "Auftraggeber" zu Last. Ob diese vom Falschparker zurückerlangt werden können, ist oft problematisch. Rechtsstreitigkeiten um die Erstattungskosten und vermeintliche Gegenforderungend des Abgeschleppten aus der Beschädigung seines Fahrzeuges sind häufig und kosten neben Geld auch Zeit und Nerven. Fakt ist, das Parken auf fremden Parkplätzen ist auch (ohne ein offizielles "Halten verboten"-Schild) unzulässig und muss nicht hingenommen werden. Doch welche Alternativen zum Abschleppen stellt sich für den Betroffenen? Der BGH hat nun bereits mehrfach entschieden (BGH, Urt. vom 7.12.2010, V ZR 46/10; BGH, Urt. vom 12.12.2003, V ZR 98/03), dass auch hier die "Abmahnung" ein Mittel zum Erfolg sein kann: Schon das einmalige unbefugte Abstellen des Fahrzeugs auf einem fremden Parkplatz begründet in diesem Sinne die tatsächliche Vermutung dafür, dass sich die Beeinträchtigung wiederholt. Nach einem aktuellen Urteil des BGH haftet dabei nicht nur der Fahrer des abgestellten Fahrzeuges, sondern auch sein Halter auf Unterlassung (BGH, Urt. v. 21.09.2012, V ZR 230/11).
Der Fall:
Der Beklagte ist Halter eines Sportwagens. In den Abendstunden des 20. August 2010 war das Fahrzeug für etwa zwei Stunden auf dem durch ein privates Halteverbotsschild gekennzeichneten, von dem Kläger gemieteten Geschäftsgrundstück unbefugt abgestellt. Nach Ermittlung des Fahrzeughalters wandte sich der Kläger an einen Rechtsanwalt. Auf dessen Aufforderung gab der Beklagte, der vorträgt, er selbst habe den Sportwagen dort nicht geparkt, eine Unterlassungserklärung ab, ohne jedoch die geforderte Strafbewehrung zu akzeptieren. Mit der Klage verlangt der Kläger von dem Beklagten, unter Meidung eines Ordnungsgeldes es zu unterlassen, den Sportwagen selbst oder durch eine dritte Person auf seinem Geschäftsgrundstück abzustellen, sowie die Erstattung der Kosten der Halterermittlung und der vorgerichtlichen Anwaltskosten.
Die Entscheidung:
[...]
Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht einen Unterlassungsanspruch des Klägers gemäß § 862 Abs. 1 Satz 2 BGB bejaht.
Das unbefugte Abstellen des Fahrzeugs auf dem von dem Kläger ge-mieteten Grundstück stellt eine verbotene Eigenmacht im Sinne von § 858 Abs. 1 BGB dar [...] Der Beklagte war gegenüber dem Kläger als Zustandsstörer verantwortlich. [...] Er beherrschte die Quelle der Störung, da er - bei entsprechender Information durch den beeinträchtigten Besitzer - als Halter des Fahrzeugs in der Lage war, das Fahrzeug wegzufahren. Ihm war die Beeinträchtigung auch zuzurechnen. Indem er sein Fahrzeug freiwillig einer anderen Person zur Benutzung im Straßenverkehr überlassen hat, hat er das Risiko übernommen, dass sich der Nutzer nicht an die allgemeinen Verhaltensregeln hält und das Fahrzeug unberechtigt auf fremdem Privatgrund abstellt. Da das Falschparken auf einem Privatgrundstück kein außergewöhnliches Verhalten eines Verkehrsteilnehmers darstellt, mit dem der Halter nicht zu rechnen hat, ist es sachgerecht, ihm als Halter die Verantwortung aufzuerlegen, wenn sich die mit der freiwilligen Fahrzeugüberlassung geschaffene Gefahr des unberechtigten Parkens tatsächlich realisiert. [...]
Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht die für einen Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr bejaht. [...]
Es kommt nicht darauf an, ob es sich bei dem Falschpar-ken um eine dem Fahrzeug "innewohnende Schadensanlage" handelt. Denn die Verantwortlichkeit des Beklagten als Zustandsstörer ergibt sich nicht allein aus dessen Stellung als Halter des Fahrzeugs. Die Zurechnung der durch das Falschparken hervorgerufenen Besitzbeeinträchtigung beruht vielmehr darauf, dass diese mittelbar auf seinen Willen zurückging, indem er das Fahrzeug freiwillig einer anderen Person zur Benutzung überlassen hat. Hieran ist auch bei der Beurteilung der Wiederholungsgefahr anzuknüpfen.[...] Schon das einmalige unbefugte Abstellen des Fahrzeugs auf dem Betriebsgrundstück des Klägers durch den Beklagten begründet die tatsächliche Vermutung dafür, dass sich die Beeinträchtigung wiederholt. Durch die Unterzeichnung einer [nicht strafbewehrten] Unterlassungserklärung hat der Beklagte die Wiederholungsgefahr nicht ausgeräumt. [...]
Zu Recht hat das Berufungsgericht einen Anspruch des Klägers auf Erstattung der Kosten von 5,65 € für die Halterermittlung bejaht. [...]
Die Auffassung des Berufungsgerichts, es handle sich um einen einfach gelagerten Unterlassungsanspruch, für dessen Durchsetzung anwaltliche Hilfe nicht benötigt werde, steht im Widerspruch dazu, dass es zur Klärung der - in der Rechtsprechung kontrovers erörterten - Frage, ob gegenüber dem Fahrzeughalter ein Unterlassungsanspruch besteht, die Revision zugelassen hat. Soweit das Berufungsgericht zusätzlich darauf abstellt, dass der Kläger aus vorangegangenen Verfahren genau gewusst habe, was zu tun sei, vermag dies die Ablehnung des geltend gemachten Anspruchs ebenfalls nicht zu tragen. Zwar ist die Einschaltung eines Rechtsanwaltes dann nicht erforderlich, wenn der von der Störung Betroffene anlässlich vorangegangener Parkverstöße Dritter diese in der Vergangenheit anwaltlich zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert hat und er daher über die Vorgehensweise bei der Durchsetzung eines Unterlassungsanspruchs informiert ist. [...]
Bewertung:
Die Entscheidung des BGH überzeugt. Das Gericht stellt in erfreulicher Deutlichkeit klar, dass es sich beim Abstellen eines Fahrzeuges auf einem fremden Parkpaltz um eine Besitzstörung handelt, die der Parkplatz-Inhaber nicht zu dulden braucht. Der Falschparker schuldet daher neben dem Halter Unterlassung. Diese Vorgehensweise ist für den Parkplatz-Inhaber mit wesentlich geringerem Kostenaufwand und -risiko verbunden.
Dr. Robert Kazemi