18
Okt 2009

BGH: Abschlusserklärung im Wettbewerbsrecht – „Mescher weis“

Allzu oft kommt es nicht vor, dass der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes (BGH) Entscheidungen für die Aufnahme in die amtliche Sammlung (BGHZ) des Gerichts vorsieht. Dem nunmehr veröffentlichten Urteil des BGH vom 02. Juli 2009 (I ZR 146/07) kommt diese Ehre zu Recht zu.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 7. Juni 2006 gab die Beklagte eine sog. Abschlusserklärung ab, die sie unter die "auflösende Bedingung einer auf Gesetz oder höchstrichterlicher Rechtsprechung beruhenden eindeutigen Klärung des zu unterlassenden Verhaltens als rechtmäßig" stellte.

Der Kläger sah die Abschlusserklärung nicht als ausreichend an und verfolgte sein Unterlassungsbegehren daher im Hauptsacheverfahren weiter. Die Abschlusserklärung der Beklagten habe das Rechtsschutzbedürfnis für den Unterlassungsantrag nicht entfallen lassen. Denn die in der Abschlusserklärung enthaltene Bedingung verhindere, dass die zuvor erlassene einstweilige Verfügung ebenso effektiv und dauerhaft wie ein Urteil in der Hauptsache wirke.

Bis vor dem Berufungsgericht hatte der Kläger mit dieser Argumentation Erfolg. Der BGH ist der Rechtsansicht des Klägers im Interesse des Unterlassungsschuldners nunmehr entgegengetreten.

Zu beachten ist -so das Gericht-, dass der Verzicht des Schuldners den Gläubiger nicht besser stellen solle, als er bei einem rechtskräftigen Hauptsachetitel stünde. Dies wäre bei einem uneingeschränkten Verzicht darauf auch nach der Bestätigung der Einstweiligen Verfügung wegen veränderter Umstände die Aufhebung der Verfügung zu beantragen (§ 927 ZPO) aber der Fall. Denn einem Hauptsachetitel könnten unter den Voraussetzungen der §§ 323, 767 ZPO nachträglich entstandene Einwendungen entgegengehalten werden.

Diese Grundsätze müssen auch bei wettbewerbsrechtlichen Unterlassungstiteln gelten. Der Unterlassungsschuldner muss deshalb auf die Rechte aus § 927 ZPO nicht verzichten, soweit es um die Geltendmachung veränderter Umstände geht, die auf einer Gesetzesänderung oder Änderungen in der höchstrichterlichen Rechtsprechung beruhen.

Da im Wettbewerbsrecht ein Wandel in der höchstrichterlichen Rechtsprechung ähnliche Auswirkungen wie eine Gesetzesänderung entfalte, dürfe der Schuldner seinen Verzicht auch dahingehend beschränken, dass eine höchstrichterliche spätere Rechtsprechung das zu unterlassenden Verhalten als rechtmäßig beurteile. Eine höchstrichterliche Leitentscheidung, nach der das untersagte Verhalten eindeutig als rechtmäßig zu beurteilen wäre, sei dementsprechend gleich einer Gesetzesänderung zu behandeln.

Bewertung:

Nachdem nunmehr die Frage beantwortet ist wird es zukünftig ausreichen, dass der Unterlassungsschuldner sich die Rechte aus § 927 ZPO vorbehält, die er auch gegen einen im Hauptsacheverfahren ergangenen rechtskräftigen Titel geltend machen könnte.

Unterlässt er diesen Vorbehalt, wird der Inhalt der Abschlusserklärung nach allgemeinen Grundsätzen durch Auslegung zu ermitteln sein.

Für diesen Fall formuliert der BGH:

„Wird in einer Abschlusserklärung auf die Rechte aus §§ 924, 926 und 927 ZPO ohne ausdrückliche Einschränkung verzichtet, so kann dem Verzicht nach Treu und Glauben kein weitergehender Erklärungsinhalt beigemessen werden, als er für den Zweck der Abschlusserklärung, die angestrebte Gleichstellung des vorläufigen mit dem Hauptsachetitel zu erreichen, erforderlich ist. Es kann nicht angenommen werden, dass der Unterlassungsschuldner auf die Rechte aus § 927 ZPO auch insoweit verzichten wollte, als sie mit den Einwendungen übereinstimmen, die einem rechtskräftigen Hauptsachetitel nach § 767 ZPO entgegengehalten werden könnten."

Vorgenannte Auslegungsgesichtspunkte treffen nach hiesiger Auffassung nicht in gleichem Maße auch für die außergerichtliche Unterlassungserklärung zu. Hier wird - dies muss in Zukunft jedoch als zulässig betrachtet werden - ein konkreter Vorbehalt (auflösende Bedingung) zu fordern sein. Hierauf ist zu achten, wenn man an die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung denkt.

Dr. Robert Kazemi

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