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Mai 2009

Berlin: Gesetz zur Bekämpfung unerlaubter Telefonwerbung und zur Verbesserung des Verbraucherschutzes bei besonderen Vertriebsformen passiert den Bundesrat

Der Bundesrat hat in seiner 858. Sitzung am 15. Mai 2009 beschlossen, zu dem vom Deutschen Bundestag am 26. März 2009 verabschiedeten Gesetz zur Bekämpfung unerlaubter Telefonwerbung und zur Verbesserung des Verbraucherschutzes bei besonderen Vertriebsformen - Drucksache 16/10734 - einen Antrag gemäß Artikel 77 Absatz 2 des Grundgesetzes nicht zu stellen. Damit kann die Gesetzesänderung nunmehr nach Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft treten.

Neben den bereits an anderer Stelle besprochenen Änderungen im Bereich der Dauerschuldverhältnisse und des Fernabsatzes gelten künftig auch verschärfte Regelungen für das Telefonmarketing. Hiernach sind Telefonanrufe bei Verbrauchern zu Zwecken der Werbung jetzt auch nach dem Gesetz nur noch mit dessen vorheriger "ausdrücklicher" Zustimmung gestattet. Drohten bei Verstößen gegen diese Verpflichtung früher "nur" Abmahnungen durch Mitbewerber, so können diese nunmehr auch Geldstrafen nach sich ziehen. In einem neu in das UWG eingefügten § 20 wird die unerwünschte Telefonwerbung nämlich neuerdings als Ordnungswidrigkeit qualifiziert. Ahndende Behörde wird die Bundesnetzagentur in Bonn.

Neu ist auch, dass die in § 102 Abs. 1 Telekommunikationsgesetz (TKG) normierte Berechtigung die Rufnummernanzeige dauernd oder für jeden Anruf einzeln auf einfache Weise und unentgeltlich zu unterdrücken, für den Bereich Telefonmarketing nicht mehr gelten soll. Call-Center und andere Unternehmen, die Ihre oder auch fremde Produkte am Telefon bewerben möchten, haben dementsprechend gegenüber ihrem Diensteanbieter kein Recht mehr dazu, die Rufnummernunterdrückung zu fordern.

Eine Ausnahme gilt nur für sog. geschlossene Benutzergruppen. Darunter versteht man Telekommunikationsdienste, die nicht der Öffentlichkeit gegenüber angeboten werden, d. h. nicht von jedermann genutzt werden können. Hierzu zählen typischerweise Telekommunikationsnetze von größeren Unternehmen (Corporate Networks) aber auch Nebenstellenanlagen von Behörden und Betrieben, soweit diese von den dort Beschäftigten auch privat genutzt werden dürfen. Entscheidend ist, dass es sich um einen von vornherein anhand bestimmter Kriterien bestimmbaren Adressatenkreis handelt.

Wann dieses Kriterium anzunehmen ist, ist äußerst fraglich. Eckhardt (Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 1. Auflage 2008, § 91 TKG Rn. 19) geht davon aus eine sonstige geschlossene Benutzergruppe könne angenommen werden, "wenn die Teilnehmer einer Gruppe in einer gesellschaftlichen oder schuldrechtlichen Dauerbeziehung oder in dauerhaften Verbindungen zur Verfolgung gemeinsamer beruflicher, wirtschaftlicher oder hoheitlicher Ziele stehen." "Nicht ausreichend" seinen jedoch "große Gruppen, bei denen sich nur ein derart allgemeiner Zweck feststellen lässt, dass sie der Allgemeinheit gleichzusetzen sind". Reicht hier also die "dauerhafte" Kundenbeziehung? Zumindest die Gesetzesbegründung lässt hierauf schließen. Hier heißt es, ein Wettbewerbsverstoß sei dann nicht anzunehmen, wenn "ein Anruf eines Unternehmers oder einer Unternehmerin bei einem Kunden oder einer Kundin [erfolgt], um im Rahmen eines bestehenden Vertragsverhältnisses eine vertragliche Nebenpflicht zu erfüllen. Ein solcher Anruf - bei dem es sich nicht um Werbung handelt - bleibt auch weiterhin möglich."

Doch, was, wenn im Rahmen dieser Gespräche auch für neue Produkte geworben wird? Die Gesetzesbegründung verhält sich hierzu nicht. Aus der Ratio des Gesetzes ist jedoch nach hiesiger Auffassung der Schluss zu ziehen, dass auch hier von einer "Rufnummernbekanntgabe" abgesehen werden kann. Denn dem Kunden ist in diesem Fall die "Identität der anrufenden Person" ohnehin bekannt. Die Bekanntgabe der Rufnummer scheint hier zur Rechtsverfolgung nicht notwendig.

Sog. "Headhunter" bei "Rufnummernunterdrückung" weiterhin privilegiert

Eine Ausnahme von der Verpflichtung zur Übermittlung der Telefonnummer nimmt die Gesetzesbegründung auch in Bezug auf sog. "Headhunter" an. So geht die Gesetzesbegründung davon aus, die Rufnummernunterdrückung sei weiterhin zulässig ist, soweit es sich um "knappe, beschreibende Informationen, die insbesondere keinen Bezug zum Absatz von Waren oder Dienstleistungen haben, gelten (zum Beispiel der erste Kontakt einer Personalberaterin mit einem Kandidaten, bei dem eine in Rede stehende Stelle knapp umschrieben wird und gegebenenfalls eine Kontaktmöglichkeit außerhalb des Arbeitsbereichs verabredet wird)". Die Gesetzesbegründung trägt damit dem Umstand Rechnung, dass der Bundesgerichtshof in einer Reihe von Entscheidungen festgestellt hat, dass eine Direktsansprache eines Arbeitnehmers, mit dem Ziel einen Mitarbeiter erstmalig nach seinem Interesse an einer neuen Stelle zu befragen, dann nicht wettbewerbswidrig ist, wenn der Anruf über eine erste kurze Kontaktaufnahme nicht hinausgeht (BGH-Urteil vom 4. März 2004 - I ZR 221/01 - Direktansprache am Arbeitsplatz; BGH-Urteil vom 9.Februar 2006 - I ZR 73/ 02 - Direktansprache am Arbeitsplatz II; BGH-Urteil vom 22.11.2007 - I ZR 183/ 04 - Direktansprache am Arbeitsplatz III)

Call-Center können Telefonnummer ihres Kunden anzeigen lassen

Grundsätzlich können Telefonteilnehmer und -teilnehmerinnen selbst festlegen, welche Nummer bei der angerufenen Person angezeigt werden soll („user-provided-calling-lineidentification“). Vor diesem Hintergrund wird der anrufenden Person mit dem neuen § 102 Absatz 2 Satz 2 TKG die Möglichkeit eingeräumt, bei einer Werbung mit einem Telefonanruf die Rufnummer derjenigen Person anzeigen zu lassen, die ihr den Auftrag zum Anruf erteilt hat. Ein Call-Center, das für verschiedene Unternehmen tätig wird, hat also die Möglichkeit, entweder seine eigene Rufnummer oder die seines Vertragspartners oder seiner Vertragspartnerin, dessen oder deren Produkte beworben werden, anzeigen zu lassen. Die übermittelte Rufnummer muss dem Unternehmen, in dessen Namen oder Auftrag die Telefonwerbung erfolgt, zugewiesen sein. Sie kann in der Service-Nummer bestehen, die den Kundinnen und Kunden für Anrufe bei dem Unternehmen zur Verfügung gestellt wird. Mit dieser Wahlmöglichkeit soll den Unternehmen ermöglicht werden, gegenüber den Verbraucherinnen und Verbrauchern auch in Zukunft mit einer einheitlichen Service-Rufnummer aufzutreten. Die Vorschrift des § 66j Abs. 2 Satz 2 TKG bleibt von dieser Möglichkeit unberührt. Rufnummern für Auskunftsdienste, Massenverkehrsdienste, neuartige Dienste oder Premium-Dienste sowie Nummern für Kurzwahl-Sprachdienste dürfen nicht übermittelt werden.

Keine konkludente Einwilligung gegenüber Verbrauchern

Bislang war davon ausgegangen worden, dass es sich bei der Einwilligung nicht um eine Einwilligung im Sinne der Legaldefinition des § 183 Satz 1 BGB (vorherige Zustimmung) handelte, da sich diese Vorschrift nur auf Rechtsgeschäfte bezieht. Dementsprechend gingen Rechtsprechung und Literatur davon aus, dass im Rahmen des § 7 UWG auch eine Einwilligung durch schlüssiges Verhalten (konkludent) ausreichen sollte. Diese Rechtsansicht kann durch das nunmehr in das Gesetz aufgenommene Erfordernis einer ausdrücklichen Einwilligung nicht weiter verfolgt werden. Es bedarf künftig also in jedem Fall der vorherigen ausdrücklich erklärten Einwilligung - zu Beweiszwecken am besten in Textform.

Dr. Robert Kazemi

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