Auskunftsanspruch gegenüber der Bank bei Zahlungsabwicklung im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Markenfälschungen
Wie weit reicht die Schweigepflicht der Banken? Diese Frage hat der Bundesgerichtshof (BGH) nunmehr im Zusammenhang mit einer markenrechtlichen Auseinandersetzung dem Europäischen Gerichtshof zur Beantwortung vorgelegt (Beschluss vom 17. Oktober 2013 - I ZR 51/12). Diese äußerst interessante Fragestellung ist im Zusammenhang mit einem Markenverletzungsverfahren aufgetreten. Die Lizenznehmerin für die Herstellung und den Vertrieb von Davidoff-Parfüms wurde im Rahmen einer Marktbeobachtung auf das Angebot eines Verkäufers mit dem Synonym „S" auf der Handelsplattform eBay aufmerksam. Als Inhaber des X-Mitglieds-Kontos wurde ihr S, J-Straße ..., M mitgeteilt. In einer anderen Zahlungsinformation tauchte die Adresse ro...@l...de auf. Die Zahlung sollte auf ein Konto der Stadtsparkasse in M erfolgen. Die Lizenznehmerin erwarb das Parfum, welches ihr unter dem Nachnamen H übermittelt wurde. Das Parfum erwies sich als eine sogar für Laien offensichtliche Fälschung. Eine Umsatzanalyse vom 04.01.2011 ergab hinsichtlich des Verkäufers „S" zwischen dem 12.12.2010 und 14.01.2011 einen Gesamtumsatz von 10.956,63 EUR. Mit Schreiben vom 14.03.2011 forderte die Lizenznehmerin die Sparkasse, an die sie das Geld überwiesen hatte auf, Auskunft über Name und Anschrift des Kontoinhabers zu erteilen, was die Sparkasse unter Verweis auf das Bankgeheimnis zurückwies.
Die Lizenznehmerin erhob hieraufhin - gestützt auf die Bestimmung des § 19 MarkenG - Auskunftsklage. Während sie mit ihrer Klage vor dem Landgericht durchdrang, wies das Oberlandesgericht die Klage mit Blick auf ein Zeugnisverweigerungsrecht der beklagten Sparkasse ab. Der BGH, der als Revisionsinstanz angerufen wurde, beurteilt die Rechtslage offenbar anders, sieht sich jedoch wegen der bestehenden Kollisionen zwischen dem markenrechtlichen Auskunftsanspruch und dem den Banken nach der ZPO zuerkannten Zeugnisverweigerungsrecht an einer abschließenden Entscheidung gehindert und hat die Frage, wessen Ansprüche hier vorrangig sind, dem EuGH zur Beantwortung vorgelegt.
„Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs stellt der Vertrieb des gefälschten Parfüms eine offensichtliche Rechtsverletzung dar. Die beklagte Sparkasse hat durch die Führung des Girokontos, über das der Verkäufer den Zahlungsverkehr abgewickelt hat, auch eine für die rechtsverletzende Tätigkeit genutzte Dienstleistung in gewerblichem Ausmaß erbracht. Damit liegen die Voraussetzungen des § 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 MarkenG an sich vor. Die beklagte Sparkasse braucht die begehrte Auskunft aber nicht zu erteilen, wenn sie nach § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zur Verweigerung des Zeugnisses im Prozess berechtigt ist. Da § 19 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 MarkenG Art. 8 Abs. 3 Buchst. c der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums umsetzt, muss das Recht zur Verweigerung der Auskunft durch die Richtlinie gedeckt sein. In Betracht kommt insoweit Art. 8 Abs. 3 Buchst. e der Richtlinie, der den Schutz der Vertraulichkeit von Informationsquellen und die Verarbeitung personenbezogener Daten zum Gegenstand hat. Im Streitfall stellt sich die Frage, ob die Kontodaten, über die die Klägerin von der Sparkasse Auskunft verlangt, Art. 8 Abs. 3 Buchst. e der Richtlinie unterfallen und - wenn dies der Fall sein sollte - ob gleichwohl im Interesse der effektiven Verfolgung von Markenverletzungen die Beklagte Auskunft über die Kontodaten geben muss. Da die Frage die Auslegung von Unionsrecht betrifft, hat der Bundesgerichtshof sie dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung vorgelegt. Der Bundesgerichtshof hat in dem Vorlagebeschluss erkennen lassen, dass aus seiner Sicht das Interesse an einer effektiven Verfolgung einer Schutzrechtsverletzung den Vorrang vor dem Interesse der Bank haben sollte, die Identität des Kontoinhabers geheimzuhalten." (Pressemitteilung des BGH Nr. 173/2013 vom 17.10.2013)
Es bleibt abzuwarten, wie der EuGH hier entscheidet. Sollt er sich im Sinne der I. Instanz und (wohl) auch des BGH entscheiden, werden sich Banken zukünftig wohl auf zahlreiche derartige Auskunftsklage einstellen müssen.
Dr. Robert Kazemi