AG Meldorf: Die Werbung mit der Echtheit von Markenware bei dem Verkauf über eine Internetauktionsplattform ist wettbewerbsrechtlich zulässig
Stellt es einen Wettbewerbsverstoß dar, wenn ein Anbieter von Markenware auf einer Internetauktionsplattform mit der Echtheit seiner Ware wirbt und gleichzeitig hierfür eine "Garantie" übernimmt? Das Amtsgericht (AG) Meldorf beantwortet dieses Frage mit „NEIN" (AG Meldorf, Urteil vom 10. August 2010, Az. 84 C 200/10).
Der Fall:
Die Parteien sind gewerblich tätige Textilhändler und veräußern ihre Waren über die Internetplattform eBay, darunter auch Kleidung einer bestimmten Marke. Immer wieder kommt es auf eBay zum Angebot von Fälschungen dieser Markenware. Aus diesem Grund lässt der Rechteinhaber verbreitet Abmahnungen versenden, die pauschal unterstellen, der Abgemahnte habe die erforderliche Zustimmung des Rechteinhabers nicht eingeholt. Erst wenn die Abgemahnten die Echtheit der Ware mittels eines Zertifikats nachweisen, lässt der Rechteinhaber die Ansprüche fallen.
Der Beklagte bewarb nun seine Ware u.a. wie folgt:
"Wir garantieren, dass es sich bei unseren Angeboten um Originalware handelt" und "Unser Lieferant ist im Besitz des Certificate of Authenticity, welches jederzeit dem Rechteinhaber vorgelegt werden kann. Des weiteren bestätigt unser Lieferant uns schriftlich auf der Handelsrechnung, dass die Ware nach § 24 Abs. 1 MarkenG ordnungsgemäß in den Europäischen Verkehr eingeführt wird und keine Rechte Dritter verletzt. Jeder Artikel hat eine RN-Nummer sowie den Silberfaden"
Hiergegen richtete sich der Kläger und mahnte den Beklagten durch anwaltliches Schreiben ab. Die Parteien machen gegenseitig Rechtsverfolgungs- bzw. Verteidigungskosten geltend.
Die Entscheidung:
Das Amtsgericht geht vorliegend davon aus, dass ein Verstoß gegen § 3 UWG nicht vorliegt, so dass sich ein Ersatzanspruch der Abmahnkosten nicht aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG ergibt. Zwar kann
die Werbung mit der wahren Beschaffenheit einer Ware unlauter sein, wenn diese Beschaffenheit bei der Ware sämtlicher Wettbewerber in gleichem Maße vorhanden ist (AG Meldorf a.a.O.; BGH, GRUR 1956, 550) und die Herausstellung der Selbstverständlichkeit den falschen Eindruck erweckt, es handele sich um einen Vorteil der Ware gegenüber der Ware von Wettbewerbern (AG Meldorf a.a.O.; BGH WRP 2009, 435),
allerdings war hier zu Recht zu beachten,
dass gehäuft Fälschungen dieser Ware auf eBay angeboten werden. Damit, so stellt das Gericht richtig heraus, hat der potentielle Käufer ein berechtigtes Interesse daran sicherzustellen, dass es sich bei der angebotenen Ware um Originalprodukte handelt.
Anbietern muss es daher gestattet sein diesem Informationsinteresse der Abnehmer Rechnung zu tragen (AG Meldorf a.a.O.).
Darüber hinaus stellte das Gericht noch richtigerweise klar, dass der Beklagte nicht alleine mit der Echtheit der Ware, sondern auch mit der Prüfung derselben geworben hatte. Dass eine solche Prüfung unter allen Wettbewerbern üblich oder gar gesetzlich vorgeschrieben ist, war vorliegend nicht ersichtlich. Vor diesem Hintergrund sei es dem Anbieter auch unbenommen mit dem Ergebnis dieser Prüfung - nämlich der Echtheit seiner Ware - gegenüber dem Verbraucher zu werden.
Es liegt darüber hinaus auch kein Wettbewerbsverstoß darin begründet, dass der Beklagte mit einer gesetzlich vorgeschriebenen Eigenschaft der Ware geworben hatte, die dem Verbraucher u.U. nicht bekannt war. Zwar hat der BGH eine unlauterer Werbung dann angenommen, wenn der Werbende mit einer gesetzlich vorgeschriebenen Eigenschaft wirbt, die dem Publikum nicht bekannt ist und dieses deswegen irrtümlich einen Vorzug gerade dieser Ware annimmt (BGH, WRP 2008, 435). Dieser Fall lag hier aber gerade nicht vor, wie das Gericht richtig herausgestellt hat. Vielmehr sei es allgemein bekannt, dass bei dem Kauf eines T-Shirts der Marke X ein Anspruch auf Lieferung eines solchen (Original-) Stücks besteht.
Soweit der Verkehr in der ausdrücklichen Bewerbung [...] als Originalware einen Vorteil gesehen haben mag, der bei anderen Anbietern nicht ohne weiteres zu erwarten war, so war dieser Eindruck nicht falsch. Denn wie bereits ausgeführt war die Erwartung, dass entsprechend der rechtlichen Verpflichtung aus § 433 BGB tatsächlich Originalware geliefert wird, bei Wettbewerbern des Beklagten nicht stets gerechtfertigt (AG Meldorf a.a.O.).
Weiterhin ist das Gericht im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass in der oben dargestellten "Garantieerklärung" keine Garantie i.S.d. § 443 BGB zu sehen war, sondern vielmehr eine
Herausstellung und ausdrückliche Vereinbarung einer Eigenschaft der Ware im Zeitpunkt der Übergabe (AG Meldorf a.a.O.).
Zu Recht wird darauf verwiesen, dass eine Garantie die Vereinbarung einer Verpflichtung ist, die über das bloße Freihalten von Sachmängeln hinausgeht. Hier war aber, wie bereits dargelegt, die Lieferung von Originalware bereits vertraglich vorausgesetzt.
Bewertung:
Das Amtsgericht legt hier ausführlich und inhaltlich richtig dar, dass im vorliegenden Fall kein Wettbewerbsverstoß gegeben war. Allgemein kann hieraus jedoch keinesfalls geschlossen werden, dass das Werben mit selbstverständlichen Eigenschaften einer Sache keinen Wettbewerbsverstoß darstellt. Vielmehr ist es so, dass vorliegend von einer Ausnahme dieser Regel ausgegangen werden musste, da gerade gehäuft Fälschungen unter gleicher Bezeichnung angeboten worden sind und es sich damit nicht ohne Weiteres um eine allgemein selbstverständliche Eigenschaft der Sache gehandelt hatte. Es sollte dennoch Zurückhaltung mit Werbungen dieser Art geübt werden, da es entscheidend auf die Gestaltung des Einzelfalles ankommt, ob ausnahmsweise eine solche zulässig ist.
Dr. Robert Kazemi