BGH: Zum Verbot der Werbung für Eizellspendenbehandlungen
Bereits seit Anfang der 1990er Jahre existiert in Deutschland ein spezielles Strafgesetz, welches Regelung zur In-vitro-Fertilisation trifft. Im sog. Embryonenschutzgesetz (ESchG), welches zuletzt Ende 2011 überarbeitet wurde, ist die Durchführung bestimmter Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung durch Ärzte unter Strafe gestellt. Hierzu gehört insbesondere die sog. Eizellspende, bei der auf eine Frau eine fremde unbefruchtete Eizelle mit dem Ziel der Herbeiführung einer Schwangerschaft übertragen wird. Diese Form der In-vitro-Fertilisation ist in anderen Ländern der EU durchaus üblich und zulässig; der Bundesgesetzgeber hat sich indes gegen eine Öffnung dieser speziellen Form der künstlichen Befruchtung entschieden. Dabei soll das Verbot der Eizellspende die Entstehung einer sogenannten gespaltenen Mutterschaft verhindern, bei der die austragende Mutter mit der genetischen Mutter nicht identisch ist. Der Gesetzgeber hat befürchtet, dass für einen jungen Menschen, der sein Leben sowohl seiner genetischen Mutter als auch der austragenden Mutter verdankt, die eigene Identitätsfindung wesentlich erschwert und dadurch seine seelische Entwicklung beeinträchtigt wird (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf des Embryonenschutzgesetzes, BT-Drucks. 11/5460, S. 6 bis 8). Mit Blick auf die Undurchführbarkeit der Eizellspende in Deutschland drängen zahlreiche EU-Ausländische Ärzte mit Werbung für Eizellspenden im Ausland auf den deutschen Markt und veranstalten hier sogar entsprechende Informationsabende. Dies gefiel einem deutschen Reproduktionsmediziner gar nicht. Er ging auf Basis des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) gegen die ausländischen Kollegen und ihre Werbeveranstaltungen vor. Nachdem er hiermit noch vor dem Berufungsgericht erfolgreich war, scheiterte seine Unterlassungsklage nunmehr endgültig vor dem Bundesgerichtshof (BGH), der die Bestimmungen zum Embryonenschutz als „marktneutrale“ Regelungen qualifiziert und die Werbung für im Ausland durchgeführte Eizellspenden damit im Ergebnis als zulässig betrachtet (BGH, Urt. vom 08.10.2016, I ZR 225/13 – Eizellspende).
In den Urteilsgründen heißt es:
„Die Gesetzesbegründung lässt nicht den Schluss zu, dass das strafrechtliche Verbot der Eizellspende den wettbewerblichen Belangen der an einer Ei-zellspende beteiligten Spenderin oder Empfängerin zu dienen bestimmt ist. Die vom Gesetzgeber erwogenen seelischen Belastungen der Mütter werden nicht durch die marktrelevante Inanspruchnahme der Eizellspende selbst und damit durch ihre Stellung als am Markt agierende Verbraucherinnen ausgelöst. Sie können allenfalls dann eine indirekte Folgewirkung darstellen, wenn die Eizell-spenderin kinderlos bleibt und am Schicksal des von der Eizellempfängerin geborenen Kindes Anteil nehmen möchte. Es fehlt daher an einem marktrelevanten unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Inanspruchnahme der Eizellspende und möglichen psychischen Belastungen der Spenderin oder der Empfängerin […].“
Dr. Robert Kazemi
(Rechtsanwalt)