01
Feb 2010

OLG Hamburg: Löschungsanspruch bei rechtsmissbräuchlicher Domainregistrierung – stadwerke-uetersen.de

Vor nicht allzu langer Zeit berichteten wir über die Entscheidung „welle.de" des Landgerichts Köln. Das LG Köln hatte sich damals mit der Frage zu beschäftigen, ob in der Registrierung des Domainnamens „welle.de" ein einen Löschungsanspruch begründender unbefugter Namensgebrauch des niedersächsischen Gemeindenames „Welle" gesehen werden konnte. Mit im Einzelnen überzeugender Argumentation verneinte das LG Köln einen solchen Löschungsanspruch und beließ die Domain bei dem Domaininhaber; vereinfacht gesagt, weil die Domain „welle.de" auch verwendet werden kann, ohne die Namensrechte der Stadt zu verletzen. Damit trug das LG Köln dem Grundsatz Rechnung, dass auch aus einem Namensrecht eben kein „Schlechthinbenutzungsverbot" (vgl. hierzu) zu Lasten Dritter folgt.

Nunmehr hatte auch das OLG Hamburg (Urteil vom 24.09.2009 - 3 U 43/09) über einen ähnlich gelagerten Fall zu entscheiden und das Gericht urteilt - auf den ersten Blick überraschend - zu Ungunsten des Domaininhabers.

Der Fall:

Die Klägerin betreibt unter der Firma „Stadtwerke Uetersen GmbH" den überregionalen Abverkauf, Vertrieb und die Lieferung von Strom und Gas. Die Beklagte ist seit dem 6.10.2007 Inhaberin der Internet-Domain www.stadtwerke-uetersen.de, unter welcher im Internet zunächst ein Hinweis auf eine in Vorbereitung befindliche website und nunmehr Gebäude in U. sichtbar sind. Dort befindet sich auch der Hinweis „© Copyright 20087 by Stadtwerke l Design by Stadtwerke". Zunächst forderte die Klägerin die Beklagte im Frühjahr 2008 zur Freigabe der Domain auf und bot hierfür die Übernahme der Stromkosten für ein Jahr an, was die Beklagte ablehnte und „ein wesentlich besseres Angebot" verlangte. Auch durch nachfolgende Fristsetzungen ließ sich die Beklagte nicht zur Annahme des Vergleichsangebots bewegen, weswegen die Klägerin ihren Löschungsanspruch auf gerichtlichem Wege weiter verfolgte.

Nachdem sie hiermit bereits vor dem Landgericht erfolgreich war, konnte sie sich nunmehr auch vor dem OLG durchsetzen.

Die Entscheidung:

Das OLG sieht den Löschungsanspruch der Klägerin aus § 12 Abs. 1 S. 2 BGB als begründet an. Nach Ansicht des erkennenden Senates war die Registrierung der hier streitgegenständlichen Domain als unberechtigte Namensanmaßung zu qualifizieren. Eine solche ist durch den unbefugten Gebrauch des gleichen Namens gekennzeichnet, durch welchen eine Zuordnungsverwirrung eintritt und schutzwürdige Interessen des Namensträgers verletzt werden.

Nach zutreffender Ansicht des OLG liegt bereits in der Registrierung der Domain der Namensgebrauch, weil durch sie der Berechtigte von der Nutzung des eigenen Namens als Domainname unter der jeweiligen Top-Level-Domain ausgeschlossen ist (BGH GRUR 2008, 1099, 1100, Rz. 19 - afilias.de).

Der Namensgebrauch war nach Ansicht des Senates auch unbefugt, da dem Beklagten keine eigenen Rechte an diesem Namen zustehen und der Namensgebrauch zudem schutzfähige Interessen der Klägerin verletzt.

Im Rahmen einer Abwägung der auf Seiten des Berechtigten sowie andererseits des unbefugt Nutzenden bestehender schutzwürdiger Interessen gelangt das OLG zu dem Ergebnis, dass die Rechte des Namensinhabers Vorrang genießen.

Dies gelte ausnahmsweise auch, wenn - wie vorliegend - das Kennzeichen- bzw. Namensrecht des Berechtigten erst nach der Registrierung des Domainnamens durch den Domaininhaber entstanden ist. Auch wenn, sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs das Namensrecht in diesem Fall nicht ohne Weiteres gegenüber dem Domainnutzungsrecht durchsetze sei vorliegend zu berücksichtigen, dass ein ernsthafter Benutzungswillen des Domaininhabers nicht festgestellt werden könne. Vielmehr sei davon auszugehen, dass die Registrierung hier in der Absicht erfolgte, sich die Domain später vom Inhaber des Namensrechts abkaufen zu lassen.

Das Vorgehen der Beklagten weise deutliche rechtsmissbräuchliche Züge auf, welche es rechtfertigen, ihr eine Berufung auf das Domainnutzungsrecht zu versagen. So gab die Beklagte gegenüber der Klägerin zunächst an, unter der Internet-Adresse www.stadtwerke-u.de „zu einem späteren Zeitpunkt die ehemaligen Stadtwerke im Internet" bzw. „die Geschichte der  Stadtwerke" präsentieren zu wollen. Im vorliegenden Rechtsstreit beruft sich die Beklagte nunmehr - von der vorgenannten Zielrichtung abweichend - auf den Zweck, unter der Domain Bauwerke der Stadt U. nebst geschichtlichen Informationen zu veröffentlichen. Plausibel erscheint nach Ansicht des OLG weder der eine noch der andere Nutzungszweck, weswegen die Interessenabwägung zu Gunsten der Klägerin ausfallen müsse.

Bewertung:

Mit seiner vorliegenden Entscheidung führt das OLG die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes in Sachen „affilias.de" konsequent fort. Hier hatte der BGH ausgeführt, dass die Interessenabwägung nur dann zugunsten des Domaininhabers ausgehen kann, wenn es dem Domaininhaber nicht wegen Rechtsmissbrauchs versagt ist, sich auf seine Rechte aus der Registrierung des Domainnamens zu berufen. So verhält es sich aber dann, wenn der Domaininhaber den Domainnamen ohne ernsthaften Benutzungswillen in der Absicht registrieren lässt, sich diesen von dem Inhaber eines entsprechenden Kennzeichen- oder Namensrechts abkaufen zu lassen.

Dr. Robert Kazemi

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